Moin Moin,
ich finde das ist ein durchaus komplexes Thema. In dem Rettungsdienstbereich, in dem ich mittlerweile tätig bin (LK Stade) gibt es (zumindest beim DRK) keine Ehrenamtlichen mehr im Rettungsdienst, wohl aber 400-Euro-Kräfte, Aushilfen, Bufdis u.ä. Hintergrund ist ins Besondere die schon angesprochene Stellenproblematik.
Auf Grund des hervorragenden Verhältnisses zu unseren hauptamtlichen Rettern und einiger hauptamtlicher Kollegen, die sich auch ehrenamtlich in den Bereitschaften engagieren, haben wir jedoch jederzeit die Möglichkeit, unsere Leute als Dritte mitfahren zu lassen. Auf diese Weise bleiben sie in der Übung und können Praxiserfahrung sammeln.
Problematisch stellt sich in der Tat das Fortbildungsangebot dar. Leider finden die meisten Fortbildungen in der Woche nicht gerade ehrenamtsfreundlich statt. Als Alternative bleiben uns allerdings zahlreiche Veranstaltung in den Kliniken der beiden Großstädte Hamburg und Bremen. Dennoch würde ich als Leiter einer Bereitschaft auch gerne eigene Fortbildung für unsere ehrenamtlichen Retter auf die Beine stellen und finde mich daher mit Dozenten und den Lehrrettungsassistenten der umliegenden Rettungswachen im Gespräch. Das Ganze ist allerdings nicht so ganz einfach. Zum einen wegen der Termine (gerade im Sommerhalbjahr müssen wir erst mal schauen, dass wir die zahlreichen Sanitätsdienste besetzt bekommen), zum anderen der finanziellen Zwänge wegen (ich muss erst mal ein entsprechendes Budget zur Verfügung stellen).
Die Diskussion Ehrenamtlicher Rettungsdienst = Rettungsdienst zweiter Klasse kenne ich zur Genüge. Erst vor Kurzem hatten wir das Thema, da unser vereinseigener RTW neben Einsätzen im erweiterten Rettungsdienst und bei Bereitstellungseinsätzen der Feuerwehr, auch bei SEK-Einsätzen der Pol mit ehrenamtlicher Besatzung in den Einsatz geht. Auf Grund der sich daraus potentiell entwickelnden kritischen Situationen haben wir jetzt die Diskussion, ob solche Einsätze nicht besser vom Hauptdienst übernommen werden sollten. (Vermutlich auch eine Kostenfrage) Ich persönlich teile aber hier die Meinung, dass man das Ganze nicht pauschalisieren kann. Es gibt sowohl im Ehren-, als auch im Hauptamt Leute, die fitter sind und solche, von denen man sich eher nicht retten lassen möchte.
Wer als HA über die EA schimpft, sollte sich mal zuerst an der eigenen Nase packen. Ohne eine richtige Etablierung des Berufsbildes "RA", ohne Berufsvertretungen usw. wird sich nämlich so schnell nix an der Gesamtsituation ändern. Oder will man das garnicht? Ist schliesslich ja auch praktisch, wenn sich ein EA findet, der eine Schicht übernimmt, wenn man mal selbst ganz kurzfristig (=morgen) Urlaub braucht.....
Das wiederum ist etwas, was ich in meinem vorherigen RD-Bereich (Rheinland-Pfalz) sehr oft erlebt habe. Wenn es darum ging kurzfristig frei zu machen, dann war es auf einmal völlig egal, ob der einspringende Kollege ehrenamtlich war und welche Erfahrung er hatte. Aber sonst wurde immer kräftig über die Hobbyretter geschimpft.
Zum generellen Thema RS/ RA in den Bereitschaften: Wir werden nicht zuletzt durch die MTF, immer mehr in die Richtung kommen, in den San-Gruppen nur noch Helfer einsetzen zu können, die mindestens RS sind. Das bedeutet, wir müssen über jeden RS froh sein, denn die Ausbildung kostet Zeit und Geld. Letzteres ist der Bund glücklicherweise bereit beizusteuern, aber die Zeit, die ein Helfer aufwenden muss, ist nicht zu unterschätzen. Es wird für uns immer schwieriger, Helfer zu finden, die bereit sind, über mehrere Monate jedes Wochenende in der RD-Schule zu sitzen und anschließend noch die Praktika zu absolvieren. Von daher wird es für uns eminent wichtig, dass zum Einen die Fortbildungsproblematik angegangen wird und wir zum Anderen unsere Leute auch weiterhin die Möglichkeit haben, Erfahrungen im hauptamtlichen RD zu sammeln und so in der Praxis zu bleiben.
Sonnige Grüße aus dem Alten Land