Schwedische Rettungsdienstfahrzeuge

  • Hallo Zusammen,


    vor einigen Tagen hat es ja das aktuelle Modell von Nilsson in die Galerie geschafft, wenn auch nur als Vorführfahrzeug. Daher mal ein paar Hintergrund-Informationen zu den Einsatzfahrzeugen auf Volvo-Fahrgestell.


    Die Firma Nilsson produziert schon seit einer ganzen Weile Rettungswagen in der Zusammenarbeit mit Volvo, teilweise wurden die Fahrzeuge jedoch nicht unter dem Namen Nilsson, sondern unter dem Namen Svenska Räddningsfordon verkauft.


    Rettungswagen auf Basis des Volvo 960 und Volvo 965/S90 wurden von Nilsson produziert, wie es mit den Fahrzeugen auf Basis des Volvo 244 aussieht, ist derzeit etwas unklar aber noch in Klärung. Die Rettungswagen auf Basis des Volvo S80 wurden hingegen bis zum Jahr 2003 durch die Firma WIMAN produziert. Nach dem Konkurs der Firma WIMAN übernahm Nilsson die Produktion für eine kurze Zeit und entwickelte dann die Fahrzeuige weiter auf Basis des Volvo V70 und später des Volvo XC70.


    Hatten die Rettungswagen der ersten Baureihe des Volvo V70 noch eine integrierte Sondersignalanlage bestehend aus verschiedenen Drehspiegel-Kennleuchten und Halogenstrahlern wurde das ganze zum Ende der Produktion auf LED-Module der Firma Standby verändert, gleich blieb aber die blautransparente Plastikhaube oberhalb der Frontscheibe.


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    Bei der zweiten Baureihe des Volvo V70 wurde auf die integrierte Sonderrechtsanlage verzichtet und es wurde ein Blaulichtbalken der Firma Standby verwendet, da die Sichtbarkeit, gerade bei Sonneneinstrahlung deutlich besser ist.


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    Nachdem klar war, dass es den Volvo V70 nicht mehr lange zu erwerben gibt, hat sich die Firma Nilsson den Volvo XC70 als Alternative ausgesucht, bis es was ganz neues aus dem Hause Volvo gibt. Der eigentliche Aufbau entspricht dabei dem des Volvo V70 der zweiten Generation mit aufgesetztem Standby-Balken.


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    Interessant ist, dass die Firma Nilsson AB mit ihren Fahrzeug-Umbauten eine komplette Prüfung durchläuft und diese Autos dann nicht mehr als Volvo laufen, sondern Nilsson als Hersteller in den Papieren stehen haben. Der Fahrzeugtyp ist übrigens sowohl bei den Rettungswagen auf V70 als auch XC70 dann Nilsson V70 Ambulance. Die Angabe "Volvo" als Hersteller in der Galerie spiegelt damit zumindest für Schweden nicht die Realität wieder.


    Nachdem auch klar wurde, dass der Volvo XC70 aus dem Programm genommen wird, hatte die Firma Nilsson noch größeren Bestand aufgekauft und konnte somit die Entwicklungszeit des Nachfolgemodells überbrücken. Im dritten Quartal 2016 wurde dann der Prototyp des neuen Rettungswagen auf Basis des neuen Volvo XC90 vorgestellt und Anfang 2017 im Hallands Län in Dienst gestellt.


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    Auch bei den neuen Rettungswagen wurde eine komplette Typprüfung durchlaufen und der Hersteller hat sich von Volvo auf Nilsson AB verändert. Die neue Typenbezeichnung der Rettungswagen lautet Nilsson XC90 Ambulance und ist so auch in den Daten der schwedischen Zulassungsbehörde nachschlagbar.


    Hatten die älteren Rettungswagen noch zusätzliche Scheinwerfer montiert, die als Springlicht geschaltet waren, so wurde bei den neuen Rettungswagen dafür eine LED-Lichtleiste unterhalb des Kennzeichenträgers montiert. Die Leiste oberhalb der Frontscheibe ist als "normaler" Scheinwerfer vorgesehen, der den Bereich vor und neben dem Fahrzeug mit bis zu etwa 35.000 Lumen ausleuchtet.


    Mittlerweile gibt es insgesamt drei verschiedene Vorführfahrzeuge der Firma Nilsson, eines ist in Schweden unterwegs, ein weiteres in Norwegen und das dritte steht bei dem Nilsson-Vetreter in der Schweiz.


    Auch wenn es jetzt nichts mit den Rettungswagen zu tun hat, Nilsson produziert ja auch noch Leichenwagen und Limousinen. Interessant dabei ist, dass Limousinen generell auf Basis des Volvo S90, Leichenwagen auf Bases des Volvo V90 und Rettungswagen auf Basis des Volvo XC90 produziert werden. Bei sämtlichen Fahrzeugen ist der neue Hersteller dann jeweils Nilsson AB.


    Eventuell gibt es demnächst noch einen weiteren Beitrag mit Fotos aus den Produktionshallen der Firma Nilsson sowie einigen weiteren interessanten Fakten, die ich Anfang Juni 2017 bei meinem Besuch erfahren habe.


    Ach ja, auf den Bildern des Nilsson XC90 Ambulance ist eine grüne Kennleuchte sichtbar. Die ist auf sämtlichen neuen Rettungswagen in Schweden vorhanden und kennzeichnet das ersteintreffende Rettungsmittel an einer Einsatzstelle. Die auf diesem Fahrzeug eingesetzten Mitarbeiter ziehen dann die "Kappe" auf und übernehmen die medizinische und taktische Einsatzleitung dieser Einsatzstelle. In einigen schwedischen Bundesländern gibt es diese Kennleuchte schon einige Jahre (zum Beispiel im Uppsala Län), aber derzeit ist man dabei, diese Kennleuchte schwedenweit zu etablieren.


    Viele Grüße,
    Tobias

  • Schöne Infos, danke Tobias!


    Der "Herstellerwechsel" ist aber ein normaler Vorgang, wenn so massiv in ein bestehendes Fahrzeug eingegriffen ist. Die verlängerte E-Klasse von Binz, auf der Binz die Bestattungsfahrzeuge und verlängerten Limos sowie Visser und Miesen den Hoch-Lang aufbauen, ist auch ein Binz und kein Benz. Der Stern liegt im Handschuhfach.
    Daimler hatte früher an Binz die Fertigung dieses Chassis ausgelagert. Aufgrund dessen, liefen die Fahrzeuge auch immer noch als Mercedes-Benz.
    Daimler hat irgendwann dann nicht mehr die Stückzahlen gesehen und Binz die Herstellung komplett übertragen. Für einen Kleinserienhersteller ist auch das Zulassungsprozedere oftmals vereinfacht. So können Daimler oder Volvo immer noch im Hintergrund kräftig helfen, sparen sich aber immense Zulassungsverfahren.

  • Schöne Infos, danke Tobias!


    Der "Herstellerwechsel" ist aber ein normaler Vorgang, wenn so massiv in ein bestehendes Fahrzeug eingegriffen ist. Die verlängerte E-Klasse von Binz, auf der Binz die Bestattungsfahrzeuge und verlängerten Limos sowie Visser und Miesen den Hoch-Lang aufbauen, ist auch ein Binz und kein Benz. Der Stern liegt im Handschuhfach.

    da ist aber der Unterschied: die Nilsson-Fahrzeuge tragen immer noch das Volvo-Emblem am Kühlergrill, sind nach außen also Volvo. Auch wenn man die Zahlen und Buchstaben der VIN (deutsch FIN) decodiert, kommt Volvo heraus.

  • die Nilsson-Fahrzeuge tragen immer noch das Volvo-Emblem am Kühlergrill, sind nach außen also Volvo. Auch wenn man die Zahlen und Buchstaben der VIN (deutsch FIN) decodiert, kommt Volvo heraus.

    Nicht jeder Hersteller legt nun einmal Wert, dass sein Logo vom Fahrzeug verschwindet, wenn man daran gearbeitet hat. Die einzigen, die meines Wissen nach da wirklich Wert drauf legen ist Mercedes. Deswegen durfte Visser zu Beginn ihrer W124-Umbauten auch keinen Stern mehr führen, weil die Fahrzeuge nicht von Mercedes zertifiziert waren.


    Als Dateianhang die Daten wie sie vom XC70 aus dem ersten Beitrag im System der schwedischen Zulassungsbehörde stehen, und die Angaben sind wohl aussagekräftiger als ein Logo am Fahrzeug.


    Zumindest in Schweden werden die Fahrzeuge als Nilsson geführt, wie das jetzt in anderen Ländern aussieht, kann ich mangels Informationen nicht sagen. Es wäre aus reinem Interesse auch mal interessant einen Fahrzeugschein eines aktuellen Miesen- oder Visser-Hochlang zu sehen ...

  • Die Rettungswagen auf Basis des Volvo S80 wurden hingegen bis zum Jahr 2003 durch die Firma WIMAN produziert. Nach dem Konkurs der Firma WIMAN übernahm Nilsson die Produktion für eine kurze Zeit

    Sowohl die Firmen WIMAN AB aus Sandviken als auch die Firma Nilsson AB hatte für Ihre Fahrzeugumbauten des Volvo S80 eine eigene Typzulassung beantragt. Ich gehe daher davon aus, dass der Fahrzeugtyp bei Wiman daher folgerichtig auch WIMAN S80 Ambulans, analog zum WIMAN 9000 Ambulans, benannt wurde. Durch einen Datensatz des schwedischen Straßenverkehrsamtes ist definitiv belegt, dass der S80 bei Nilsson dann als "Nilsson S80 Ambulans" firmierte. Interessanterweise hier dann die schwedische bezeichnung, bei den späteren Fahrzeugen wurde dann die englische Bezeichnung ausgewählt.


    Gerade in der Übergangszeit zwischen den beiden Firmen WIMAN AB und Nilsson AB sind die verschiedensten Ausstattungsvarianten, teilweise auch unter Nutzung der noch vorhandenen alten WIMAN-Teile produziert worden, so dass eine eindeutige Zuordnung ob es sich jetzt um einen WIMAN oder einen Nilsson handelt nicht immer ganz einfach ist. Die Verwendung von eckigen Standby-Intersectionlights lässt jedoch als Aufbauhersteller WIMAN vermuten, da Nilsson eher Intersectionlights vom Typ Federal Signal Microled verwendet hat.


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