Wohin entwickelt sich der Rettungsdienst?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo miteinander,


    seit ein paar Tagen geht mir eine Frage durch die Kopf, welche ich nun doch in das Forum geben möchte.
    Wohin entwickelt sich unser Rettungsdienst eigentlich?


    Ich fahre ja nun auch schon zwanzig Jahre durch die Weltgeschichte und wenn ich es nüchtern betrachte, dann machen wir eigentlich nichts anders als damals, eben nur ein wenig anders.
    Unbestritten, es hat sich im Kontext zur Fahrzeugtechnik Einiges getan... Dennoch bin ich der Auffassung, dass wir da keine wirkliche Neuerung haben. An den Koffer-RTW hat man seinerzeit schon bei der Safe-Studie gedacht und die Amis fahren mit sowas schon seit den 70ern durch die Gegend. Das es nun fast ausschließlich NEF gibt und der NAW quasi gestorben ist, erachte ich nicht als Neuerung, zumal viele ITW zweckentfremdet werden und fleißig in der Notfallrettung mitspielen... Das NEF als Solches ist aber genauso alt wie der NAW selbst.
    Einige Medikamente haben sich verändert, wobei hier eher der Trend ist, dass man von Vielem wieder abkommt (Lidocain, NaBic, etc.) und man drückt nun in einem anderen Rhythmus auf dem Patienten rum. Die Qualität der biphasischen Defis hat sich deutlich verbessert, schocken tut man allerdings immer noch.
    Also was ist dazugekommen oder hat den Rettungsdienst der letzten 25 Jahre maßgeblich revolutioniert?


    Ich habe das Gefühl, dass da nicht viel ist... die Maßnahmen sind - nüchtern betrachtet - noch immer die Gleichen!


    Nur das wir uns richtig verstehen, ich will dies keineswegs schlechtreden, im Gegenteil.
    Aber wenn ich das so in meinem Kopf weiterspinne, dann muss ich mich wirklich fragen, wo das Problem mit dem Rettungsdienst ist?


    Die Patienten werden immer mehr, die Notarztstandorte und Einsätze nehmen ebenfalls immer weiter zu, und seit ein paar Jahren besteht auch der Trend weiter Luftrettungsmittel aus dem Boden zu stampfen.
    Wenn man sich dann noch ansieht, zu was unsere Notärzte alles ausrücken, kommt wirklich die Frage auf, was der Affenzirkus soll?!
    Meiner Meinung nach, sind gut und gerne 60% der Notarzteinsätze unnötig!
    Für was wird das Berufsbild "NOTFALLSANITÄTER" geschaffen, wenn sich doch nicht wirklich etwas ändert?


    Immer wieder auf's neue versucht man den Rettungsdienst und die präklinische Notfallmedizin neu zu erfinden und schmeisst irgendwelche Verfahren auf den Markt, die dann aber zumeist genauso schnell wieder verschwinden, wie sie gekommen sind.


    Wie seht Ihr das?
    Was sollte/muss sich am Rettungsdienst ändern, dass dieser sich weiterentwickelt?

  • Was sollte/muss sich am Rettungsdienst ändern, dass dieser sich weiterentwickelt?

    wir brauchen mehr und ausschliesslich "kranke" und keine "doofen" Patienten !!!


    denn nur wenn man weiß wofür man sich weiterentwickeln soll dann macht man es auch.



    ein teures Taxis für soziale Unterschichten braucht keine Evolution ...

    es gibt immer einen Idioten der einem die Tour versaut !
    genau Einen !

  • Das sehe ich überhaupt nicht so. Du redest du nur Effekte klein, weil das Grundberufsfeld immer noch gleich ist. Wenn man tagtäglich damit beschäftigt fällt wem das natürlich nicht auf...
    Betrachte mal was du aufzählst: Qualifikation hat sich geändert. Medikamente haben sich geändert. Technik hat sich geändert. Fahrzeuge haben sich geändert. Selbst die Kunden haben sich geändert. ist doch alles anders?!


    Und genauso geht es weiter. Mehr Koffer-RTW. Medikamente wohl eher nicht so viel Änderungen. Ich denke auf personeller und technischer Seite wird sich in den nächsten Jahren eine Menge ändern. Beim Personal geht die Tendenz in Richtung höherer Qualifikation. Den Zivi auf dem RTW gibt es nicht mehr. Gleichzeitig glaube ich an eine Reduzierung der NEF. Da kommt auch die Technik ins Spiel. Heutige Technik im RTW ist oft auf dem technischen Stand von vor 20 Jahren. Ein ernstzunehmendes technisches Einsatzmanagement gibt es bis heute in der Praxis nicht - obwohl es seit 10 Jahren möglich wäre. Also die Vernetzung der Geräte untereinander und die zugehörige automatische Übermittlung an ein Krankenhaus und vielleicht ein Notarzt-Call-Center. Machbar wäre es. Ich glaube es wird in einigen Jahren auch kommen - allein schon aus bloßem Kostendruck. Es entfällt teure Schreibzeit und erst recht der ein oder andere Notarzt.


    Ansonsten sehe ich viele Details. Elektrische Tragen werden sich irgendwann durchsetzen usw.
    Gespannt bin ich bei den Fahrzeugen. Derzeit geht es in Richtung "immer größer" und die die 5t Fahrgestelle reichen immer seltener aus. Für den ITW muss dann schon ein 7,5t LKW herhalten. Bin gespannt wie dieser Trend bei gewöhnlichen RTW weiter läuft.

  • [hi]


    @ Schulsani:
    Du hast aber schon gelesen, was da oben steht, oder?


    • Die Effekte kleinreden? Erläutere das mal genauer!
    • Die Qualifikation hat sich geändert? Inwiefern? Nur weil das Nichtstun einen anderen Namen hat? Schaut man in Zukunft nicht mehr nur als RA zu, sondern auch als NFS?
    • Medikamente haben sich geändert? Inwiefern? Weil es weniger werden?
    • Technik hat sich geändert? Wo?
    • Fahrzeuge haben sich geändert? Aha... Sie haben weiterhin vier Räder. Sie werden nur größer und entsprechen immer mehr Anforderungen, die von Leuten ohne Ahnung gefordert werden. Aber das ist ein wenig komplexer!
    • Kunden haben sich geändert? Ja, mehr Deppen und immer mehr kleinscheiß. Der RD kompensiert die fehlenden Arztpraxen und badet den Patiententourismus aus!
    • Mehr Koffer-RTW: Toll! Eigentlich nicht schlecht, aber ich rette einen Patienten genauso gut/schlecht in einem Kasten-RTW!
    • Also auf deine vorschwebenden Änderungen bin ich gespannt... Was meinst Du damit? Tetra? *MWUAHAHAHA*
    • Du glaubst an eine Reduzierung der NA-Standorte? Gibt es in deiner Welt noch Plätze, ich melde mich hiermit mal an!
    • Heutige Technik auf dem Stand von vor 20 Jahren... ja sicher, wenn keine Innovationen da sind! Wobei ich aber auch glaube, dass das ausreichend, wenn man es Patientenorientiert und zielgerichtet einsetzt!
    • Was ist ein technisches Einsatzmanagement? Sowas wie ein iPad, in das alle Infos eingedudelt werden? Öhm doch, gibt es, sogar flächendeckend.
    • Du redest von Vernetzung der Gerätschaften? Du weißt aber schon dass unser Tetra mal nur 5-10 % dessen ausschöpfen wird, was es eigentlich kann!?
    • Telemetrie? Klar, tolle Sache, machen die Amis seit den 1970ern. Telenotarzt in Aachen, was wurde daraus? Verschwand ebenso in der Versenkung wie präklinische Sonografie... und nun frage Dich mal WARUM?!
    • Elektrische Tragen? Definiere das mal genauer!
    • Größere Fahrzeuge? Klar, damit man noch weniger in die engen Gassen der Käffer und Städte kommt.


    Ich lasse mich dazu nochmal aus, aber erstmal bin ich auf die Antworten gespannt...

    Grüße vom Marcel
    Global Head of durcheinander Mensch :cursing:


    If anybody meint, er must what with mir klären, so he kann everytime use the Nachrichtenfunktion!

  • Ich bin mal so frei und zerpflücke den letzten Post:

    Das sehe ich überhaupt nicht so. Du redest du nur Effekte klein, weil das Grundberufsfeld immer noch gleich ist. Wenn man tagtäglich damit beschäftigt fällt wem das natürlich nicht auf...

    Bitte jetzt noch mal auf deutsch, das hab ich nich gerafft

    Betrachte mal was du aufzählst: Qualifikation hat sich geändert. Medikamente haben sich geändert. Technik hat sich geändert. Fahrzeuge haben sich geändert. Selbst die Kunden haben sich geändert. ist doch alles anders?!

    Hast du das mal genau gelesen, es hat sich eben nur vermeintlich geändert, im Grunde ist doch alles noch beim alten, wo ist die super tollen Innovation.
    Was hat sich den bei der Technik geändert? Das der Mercedes Transporter jetzt BlueTEC hat, oder wie darf ich das verstehen?


    "Fahrzeuge haben sich geändert.": Meinst du weg vom Kasten und hin zum Koffer? Den Koffer fahren die Amis schon seit den 70er Jahren und die SAFE-Studie war auch Mitte der 80er, also weit vor meiner Zeit :kichern:
    Oder meinst du doch einfach nur, das heute als NEF kein Golf mehr gefahren wird sondern was größeres wie ein Vito/T5, etc.


    "Selbst die Kunden haben sich geändert.": Fahrt ihr bei euch keine Menschen mehr sondern was anderes? Pakete, Gefahrgut?

    Und genauso geht es weiter. Mehr Koffer-RTW.

    Würde ich so pauschal nicht sagen, es gibt viele die nach wie vor auf den Kasten schören, weil sie mit dem 316 CDI NCV3 Kasten a) viel weiter kommen wie mit einem 516 CDI NCV3 und Fahrtec Koffer und b) auch nicht so viel mehr Platz im Koffer ist wie im Kasten. Ich habe mir sagen lassen, sowohl früher im 310er haben die Patienten überlebt, als auch heute im Delfis ;)

    Ich denke auf personeller und technischer Seite wird sich in den nächsten Jahren eine Menge ändern.

    Da bin ich aber gespannt.

    Beim Personal geht die Tendenz in Richtung höherer Qualifikation.

    In Bayern muss der Fahrer auf dem RTW nach wie vor nur eine "geeignete Person" sein. Und ich glaube in den anderen Bundesländern hat sich die Regelung auch nicht groß zu früher geändert, oder täusche ich mich da?

    Den Zivi auf dem RTW gibt es nicht mehr.

    Logisch, gibt ja seit 2009 auch keine Zivis mehr, aber Bufdis fahren doch auch noch im Rettungsdienst mit ;)

    Gleichzeitig glaube ich an eine Reduzierung der NEF.

    Wird bei uns seit Jahren versucht, aber jedes mal wieder verworfen weil weniger NEFs einfach nicht machbar wären. Dann müsste sich die ILS Coburg wahrscheinlich für die bei uns fehlenden Notarztstandorte einen eigenen RTH halten, nur um da halbwegs vernünftige Eintreffzeiten zu gewährleisten.

    Da kommt auch die Technik ins Spiel. Heutige Technik im RTW ist oft auf dem technischen Stand von vor 20 Jahren.

    Was ist den an dem von vor 20 Jahren schlecht, es geht doch im Grundtenor nur darum, das eben das von vor 20 Jahren auch angewandt werden müsste.

    Ein ernstzunehmendes technisches Einsatzmanagement gibt es bis heute in der Praxis nicht - obwohl es seit 10 Jahren möglich wäre.

    In Bayern gibt es seit anfang der 2000er Jahe das ZAST, oder meinst du was anderes? Da wird doch alles digital erfasst.

    Also die Vernetzung der Geräte untereinander und die zugehörige automatische Übermittlung an ein Krankenhaus und vielleicht ein Notarzt-Call-Center.

    Stichwort cardioANGEL, wird teilweise schon in Bayern verwendet und ist immer mehr im kommen. Der Telenotarzt in Aachen ist doch auch wieder verschwunden?
    Aber schebt über diesem Thema nicht auch die Frage, wozu mehr Vernetzung? Nur um dich in der Klinik selbst anzumelden oder lädt das am Ende doch wieder mehr zu "Stay and Play" ein?


    Ansonsten sehe ich viele Details. Elektrische Tragen werden sich irgendwann durchsetzen usw.

    Ich vermute mal du meinst diese Tragen, die in den bayerischen S-RTWs oder in den schleswig-holsteinischen Innovations-RTWs verbaut sind? Ich lehne mich jetzt mal aus dem Fenster und behaupte einfach mal das die um einiges teuerer sind wie ganz normale Tragen, wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?! :D

    Gespannt bin ich bei den Fahrzeugen. Derzeit geht es in Richtung "immer größer" und die die 5t Fahrgestelle reichen immer seltener aus. Für den ITW muss dann schon ein 7,5t LKW herhalten. Bin gespannt wie dieser Trend bei gewöhnlichen RTW weiter läuft.

    Wo reicht den bei einem RTW der 5-Tonner nicht mehr aus? In RLP sind die RTWs nach wie vor flächendeckend 3,5 Tonner und auch in Bayern haben die RTWs seit mittlerweile 10 Jahren ein zulässiges Gesamtgewicht von 4.600 kg. Und das die ITWs mittlerweile auf 7,5 Tonnen-LKWs gebaut werden kann nicht vielleicht einfach daran liegen das viele vom Vario weg sind, weil keiner nie wusste wie lange es ihn noch geben wird und es zwischen 5 Tonnen und 7,5 Tonnen nunmal keine vernünftige alternative gibt/gab?

  • ich denke der Job macht keinen Spaß mehr

    - es gibt immer mehr Kranke, aus verschiedenen Gründen:

    * die Anspruchshaltung der Klientel steiegt, es ist so schön einfach auch für Kleinigkeiten einen Krankenwagen zu bestellen
    * die Menschen werden älter und gleichzeitig kränker weil Krankheiten, die früher für eine natürliche Selektion gesorgt haben, heute verzögert werden
    * die Zahl an Hausärzten nimmt ab, wer heute alt und gebrechlich ist konnte früher mit etwas Anstrengung noch seinen seit 30 Jahren bekannten Hausarzt des Vertrauens erreichen. Denn gibt es mancherorts nicht mehr. Also was tun ? die 112 wählen. Die kümmern sich dann um alles
    * die Krankenhauslandschaft verändert sich. Einerseits spezialisieren sich die Häuser um profitabel zu sein und bieten nicht mehr alles an,
    andererseits probieren sie viel Neues aus um noch was vom Kuchen abzubekommen. Das führt zu Interhospitaltransporten.


    das sind alles Dinge die mit wenig Aufwand abzuarbeiten sind, viel Hirn und Eigenverantwortung braucht man bei diesen relativ unkritischen Einsätzen kaum



    - dann gibts es die kritischen Notfälle, die bei denen sich der Patient tatsächlich in Lebensgefahr befindet.
    * die nehmen aber ab, leider, denn damit fallen leider auch die real-life Trainingsmöglichkeiten weg, der Einzelne bekommt immer weniger Praxis in solchen Situationen.
    * hinzu kommt dass große präklinische Medizin gar nicht mehr vorgesehen ist. Wo früher durchaus noch stay & play angesagt war,
    besinnt man sich heute eher drauf: "Zustand stabil halten, aber keine größeren Experimente, denn das können die in der Klinik viel besser"
    * so werden HRST zB nicht mehr komplex behandelt, sondern nur wenn sie arg kreislaufrelevant sind.
    früher wurde druaflos gespritzt, zur Not auch mehrere Mittel in Kombination, keiner wusste dann was wie wirkt aber man sammelte Erfahrung !
    * beim Ploytrauma werden Frakturen u.U. gar nicht mehr geschient wenn andere Dinge im Vordergrund stehen.
    Wenn aber ein Patient zB nur den Arm gebrochen hat, wie schiene ich das dann nochmal ??? da fehlt die Übung


    - dennoch gibt es ein neues Berufsbild, mit Kompetenzen auf vielen Feldern
    * warum ? wann werden die benötigt ?
    * sollen die NFS Ärzte zumindest teilweise ersetzen können ? das wollen aber auch die Ärzte nicht, obwohl sie teilweise eingstehen müssen selbst nicht genug Personal zusammen zu bekommen
    * also ein toller neues NFS der im Grunde nur das gleiche macht wie immer und so'n bisschen rollende Hausarztpraxis spielt.


    OK, wenn die RTW denn dann schon größer werden, dann kann ja auch die Pritsche bequemer werden und ein Vorzelt als Warteraum angebracht werden

    es gibt immer einen Idioten der einem die Tour versaut !
    genau Einen !


  • Ja klar. Man stellt sich in Deutschland bloß zu blöd an. So wie die Telenotarztdienste hier aufgezogen sind, würden sie keine Arbeit ersparen. Und dann stellt man natürlich so einen Versuch wieder ein. Ich denke da gerade an den ländlichen Raum wo es doch schnell einen NA-Mangel gibt. In vielen Fällen könnte man sich den genauso gut sparen. Oftmals würde ein kleiner "Blick" des Arztes reichen. Als kleiner RS kenne ich das Problem. Da steht man irgendwo mit dem KTW auf dem Dorf und der abzuholende Patient ist irgendwie doch kränker als ursprünglich gedacht. Wenn ich wegen jeder kleinen Unsicherheit das NEF kommen lasse wird das unbequem. Die Verantwortung auf sich zu nehmen ist da aber auch nicht so toll. Als kurzfristige Hilfe wäre das nett. Nur in den Studien macht man das in Großstädten wo die NA verfügbarkeit eher besser ist bzw. die Transportzeit kürzer. Dann auch immer nur im RTW usw.


    Elektrische Tragen: Gab hier schom Threads zu. Könnte auch deinen Rücken retten. Gibt es. Hier und da in Erprobung...

  • Warum sollte sich im Rettungsdienst etwas Revolutionär ändern, wenn die Patienten sich nicht ändern. (Ich rede von Menschen, denen es schlecht geht, nicht die, die ne Pennertaxe brauchen...)
    Beispielsweise ein Kreislaufstillstand ist heute genau das Selbe wie vor 30 oder 40 jahren. Sicherlich wurden im laufe der Jahre die Standards weiterentwickelt, auf Basis von Studien. Und es werden auch noch weiterhin dahingehend weiterentwicklungen geben. Aber eben nur evolutionär. Genauso sieht das eben auch bei den anderen Krankheitsbildern aus. Es werden Medikamente neuentwickelt und verdrängen ggf. alte Medikamente.
    Ebenso sieht es im Bereich der Medizinprodukte aus. Die Hersteller bringen alle Naselang was neues raus. Warum auch nicht, wir sind ja in der Marktwirtschaft und nicht in der Planwirtschaft. Aber gab es dort in den letzten Jahren etwas Revolutionäres? Nicht wirklich. Abgesehen von der Möglichkeit der Datentelemetrie, der Haltbarkeit und Leistungsfähigkeit.
    Für mich macht es keinen Unterschied, ob der Defi ein Farbdisplay hat oder eine Monochrome LCD-Anzeige. Ob das Teil Piepst oder polyphone Klingeltöne hat. Hauptsache ist, DAS es funktioniert. Man sollte dahingehend auch mal die Kirche im Dorf lassen und schauen, was brauche ich unbedingt im Rettungsdienst, was ist sinnvoll und was überlastet eventuell das Personal. Ein Defi mit NIBP Funktion ist super. Mist wird es erst dann, wenn der Defi 10 Anläufe braucht, bis der endlich Werte hat. Zuviel Technik "verwöhnt" auch den Nutzer und es kann dazu kommen, dass man bei Ausfall der Technik in Bedrängnis kommt.
    Genauso sehe ich das mit den elektrischen Tragen. Kann ich die überall einsetzen? Wie ausfallsicher sind sie? Was passiert bei Ausfall? Kann ich das Ding, wenns ausgefallen ist und ich schon einen Patienten drauf habe noch vernünftig bewegen? Sicherlich mag das alles eine Arbeitserleichterung sein, aber was ist wenn das alles mal ausfällt?
    Fahrzeugtechnik: Fahrgestellseitig hat sich einiges getan, mehr Sicherheit, mehr Komfort, mehr Licht.... Aber im RTW hinten? Im Grunde hat sich da nichts getan, außer der Platz. Hier und da ist mal ein anderes Material zum Einsatz gekommen, auch mal der eine oder andere Farbklecks, aber sonst?
    Klar kamen in den letzten 20 Jahren die Koffer immer mehr in Mode. Anfänglich noch auf 3,5 Tonnern, mittlerweile als RTW bis zu 5 Tonnen schwer. Aber selbst hier ist mittlerweile wieder ein zurückrudern zu sehen. Was bringt mir ein RTW mit den Aussenmaßen eines Löschfahrzeuges? Klar, ich kann da drin ne Polonese um den Patienten tanzen, komme aber nicht mehr in jede Straße rein... SUUUPER. Aber das alles ist ja Gottseidank keine Entwicklung in nur eine Richtung.


    @ Schulsani: Rein interessehalber, was für einen Reserve RTW aus den neunzigern darfst du fahren, und was fährst du standardmäßig? Ich durfte mal wieder einen mittlerweile 10 Jahre alten Reserve RTW fahren. Unterschiede zum neuen: älteres Fahrgestell, Rucksack nur von außen erreichbar, Gebrauchsspuren. MEHR NICHT. Einem alten Fahrzeug wird man immer die Dienstjahre ansehen, mir geht es jetzt mehr um die Möglichkeiten, die mir die alten Fahrzeuge schon boten.


    Was denTelenotarzt betrifft: Ich persönlich bin immernoch der Meinung, es ist besser wenn man einen Patienten LEibhaftig vor sich hat, als wenn man ihn nur über Monitor sieht. Sicherlich kann man schon bestimmte Werte an die Zielklinik oder an den Notarzt, welcher auf Anmarsch ist senden, aber das ersetzt noch nicht den Gesamteindruck vom Patienten. Zudem habe ich mit dem NEF noch weiteres Personal an der Einsatzstelle wodurch ich eine weitere Arbeitsteilung habe. Und wenn ich den Notarzt nicht persönlich an der Einsatzstelle habe, muss das Rettungsdienstpersonal sämtliche ärztlichen Maßnahmen in Delegation durchführen und auch beherrschen!


    Schulsani: Solche Studien werden deshalb in Großstädten durchgeführt, weil dort die Einsatzzahlen einfach höher sind. Dort kann ich eine Woche mit, und eine Woche ohne das zu testende System fahren, ohne die Patienten zu gefährden.

  • Naja Geschichten wie "in 6 Monaten zum RA" gibt es nicht mehr. Ich meinte aber sowieso eher die Tendenz hin zum RA/NFS und weg von RH/RS.

    Amüsant, aber habt ihr Euch mal angeschaut, wie der Notfallsanitäter zukünftig in die jeweiligen Rettungsdienstgesetze eingebaut wird? Schleswig-Holstein will den NFS zum Beispiel ausschließlich auf dem RTW haben, dort gemeinsam mit einem RS. Auf dem KTW und dem NEF sind dann nur noch ein bzw. zwei RettSan erforderlich. Ist das ein Fortschritt, wenn man weiß, dass früher immer mindestens ein RettAss auf dem Auto sein musste? Ich denke nein.


    In meinen Augen ist es vollkommen egal, wie die verantwortliche Person auf RTW und KTW genannt wird, solange wie er keine Regelkompetenz hat. Innovativ wäre für mich die Einführung von bundesweit geltenden "Standing Orders", bundesweit einheitlichen Rahmenbedingungen sowie eine grundsätzlichen Überarbeitung des Notarzt-Kataloges. Ich bin der Ansicht, dass man in weit mehr als 90% aller NAW-Einsätze auf den Notarzt verzichten könnte, wenn es einheitliche Ausbildungen und eine Regelkompetenz geben würde ...

    Warum sollte sich im Rettungsdienst etwas Revolutionär ändern, wenn die Patienten sich nicht ändern. (Ich rede von Menschen, denen es schlecht geht, nicht die, die ne Pennertaxe brauchen...)

    Und doch ändert sich das Patientenbild. Weg vom eigenverantwortlichen Kunden hin zum Kunden, der selbst für die kleinste Schnittverletzung am Finger nach einem Notarzt schreit. Und das ist in meinen Augen auch das große Problem, was wir in Deutschland haben ... aber auch da traut sich keiner ran. Warum klappt das in anderen Ländern nur besser? In Schweden gibt es Kommunen (etwa vergleichbar mir einem Kreis in Deutschland), in denen gibt es nicht einmal eine Rettungswache, die werden einfach von den benachbarten Kommunen mitversorgt. Und das ganze, obwohl es in den ländlicheren Bereichen kaum eine Rettungswache gibt, die mehr als einen RTW rund um die Uhr im Einsatz hat. Da gibt es dann auch erstaunlicherweise nicht die Klientel die die von Dir so nett formulierten "Pennertaxis" anfordern, obwohl es diese Menschen auch in Schweden gibt.

    Was denTelenotarzt betrifft: Ich persönlich bin immernoch der Meinung, es ist besser wenn man einen Patienten LEibhaftig vor sich hat, als wenn man ihn nur über Monitor sieht. (...) Und wenn ich den Notarzt nicht persönlich an der Einsatzstelle habe, muss das Rettungsdienstpersonal sämtliche ärztlichen Maßnahmen in Delegation durchführen und auch beherrschen!

    Mit Deiner ersten Aussage sprichst Du Dir gerade sämtliche Fachqualifikationen ab ... ich erwarte von einem RettAss (und sogar nach einer gewissen Erfahrung auch von einem RettSan), dass er in der Lage ist, mindestens 90% der vorhandenen Notfälle alleinverantwortlich abzuarbeiten. Genau dafür sollte er ausgebildet sein und er sollte das auch umsetzen können. In diesem Zusammenhang auch noch einmal meine obere Meinung, dass die Notärzte vor Ort eigentlich überflüssig sein sollten.

    - dann gibts es die kritischen Notfälle, die bei denen sich der Patient tatsächlich in Lebensgefahr befindet.
    * die nehmen aber ab, leider, denn damit fallen leider auch die real-life Trainingsmöglichkeiten weg, der Einzelne bekommt immer weniger Praxis in solchen Situationen.

    Ich bezweifel, dass die Anzahl an kritischen Notfällen wirklich weniger wird, meiner Ansicht nach steigt die Zahl eher. Aber die höhere Zahl der kritischen Notfälle kommt eben nicht mehr beim einzelnen Fahrzeug an, weil die Gesamtzahl der Einsätze auch steigt, gerne auch noch deutlicher als die der Notfälle. Die Vollkasko-Mentalität hat sich in Deutschland halt immer mehr durchgesetzt, heutzutage will doch jeder einen Rettungswagen, am besten einen Notarztwagen bekommen, selbst wenn er nur eine kleine Platzwunde oder Nasenbluten hat, weil man das ja eh bezahlt.


    Und ich finde es schon irgendwie befremdlich, wenn eine Rettungsdienst'ler am richtigen Patienten üben will oder muss ... meiner Ansicht nach, hat ein Patient die bestmögliche Versorgung verdient, aber garantiert keine Übungsversorgung. Ich finde das Ausbildungssystem in deutschen Rettungsdienst mehr als unglücklich, dazu aber später mehr.

    * die Zahl an Hausärzten nimmt ab, wer heute alt und gebrechlich ist konnte früher mit etwas Anstrengung noch seinen seit 30 Jahren bekannten Hausarzt des Vertrauens erreichen. Denn gibt es mancherorts nicht mehr. Also was tun ? die 112 wählen. Die kümmern sich dann um alles

    Ähm, sorry aber diese Argumentation hinkt ein wenig. In Schweden und Norwegen gibt es auch keinen Hausarzt an jeder Ecke, dort hast Du aber keinen Missbrauch der Rettungswagen für nicht-indizierte Transporte. Ich erwarte eigentlich von meinen Mitbewohnern auch eine entsprechende Eigeninitiative. Und so schwer ist es nicht, sich ein Taxi zu rufen um sich zum Arzt bringen zu lassen, und in sehr vielen Fällen gibt es ja auch noch Nachbarn, Freunde und Bekannte. Immer alles auf den Rettungsdienst zu schieben finde ich sehr unglücklich.

    * die Krankenhauslandschaft verändert sich. Einerseits spezialisieren sich die Häuser um profitabel zu sein und bieten nicht mehr alles an,
    andererseits probieren sie viel Neues aus um noch was vom Kuchen abzubekommen. Das führt zu Interhospitaltransporten.

    Deutschland hatte vor langer Zeit mal eine sehr hohe Qualität im Gesundheitssystem, der nächste Arzt und das nächste Krankenhaus waren nie weit weg. Und dann kamen die Politiker immer wieder auf die Idee, das Gesundheitssystem sei zu teuer und man müsse dort sparen und Kosten reduzieren. Meiner Ansicht nach kann aber Sicherheit (egalob auf der Straße oder für das eigene Leben) nur dann qualitativ hochwertig sichergestellt werden, wenn auch Geld in die Hand genommen und investiert wird. Und ja, die Kosten im Gesundheitssystem steigen permanent, das ist aber meiner Ansicht nach weniger ein Problem der qualitativ hochwertigen Notfllversorgung sondern eher davon, dass sich auch viele Dritte die eigenen Taschen vollmachen wollen. Warum sind Medikamente in Deutschland um einiges teurer als im europäischen Ausland, oder warum werden gewisse Medikamente gar nicht entwickelt?

    * so werden HRST zB nicht mehr komplex behandelt, sondern nur wenn sie arg kreislaufrelevant sind.
    früher wurde druaflos gespritzt, zur Not auch mehrere Mittel in Kombination, keiner wusste dann was wie wirkt aber man sammelte Erfahrung !

    Ich kann nicht verstehen, wieso man der Meinung ist, man müsse am Patienten Erfahrungen sammeln. Kenne ich die Wirkung eines Medikamentes nicht oder weiß nicht, welche Wirkung sich im Zusammenspiel mit einem anderen Medikament entwickelt, dann habe ich sowas in der "freien Wildbahn" zu unterlassen. Geht das ganze schief, habe ich nämlich keine Möglichkeit, das ganze zu korrigieren. Sowas soll doch bitteschön im Krankenhaus unter intensivmedizinischer Kontrolle gemacht werden ...

    dennoch gibt es ein neues Berufsbild, mit Kompetenzen auf vielen Feldern[/b]
    * warum ? wann werden die benötigt ?
    * sollen die NFS Ärzte zumindest teilweise ersetzen können ? das wollen aber auch die Ärzte nicht, obwohl sie teilweise eingstehen müssen selbst nicht genug Personal zusammen zu bekommen
    * also ein toller neues NFS der im Grunde nur das gleiche macht wie immer und so'n bisschen rollende Hausarztpraxis spielt

    Der Notfallsanitäter ist in meinen Augen die größte Fehlentwicklung im deutschen Rettungsdienst seit der Einführung des Rettungsassistenten. Einerseits gibt es keine merkliche Erweiterung der Regelkompetenz und zum anderen beharren die Ärzte weiterhin dadrauf, dass nur sie selbst invasive Maßnahmen ausführen dürfen. Eine vernünftige Überarbeitung des Rettungswesen in Deutschland würde für mich unter anderem folgendes bedeuten:

    • Einführung der Regelkompetenz beim Rettungsdienstpersonal
    • bundeseinheitliche Vorgaben bezüglich Ausstattung & Besatzung
    • regelmäßige Kontrollen mit Ausschlusskriterium
      besteht ein Pilot sein regelmäßigen Prüfungen nicht, darf er nicht mehr eingesetzt werden
    • vernünftige Bezahlung angepasst an die vorhandene Verantwortung
    • und vieles mehr

    Ja, das ganze würde nicht billig werden, aber ich bin der Ansicht, dass wir uns das wert wären ...

  • Ich kann nicht verstehen, wieso man der Meinung ist, man müsse am Patienten Erfahrungen sammeln. Kenne ich die Wirkung eines Medikamentes nicht oder weiß nicht, welche Wirkung sich im Zusammenspiel mit einem anderen Medikament entwickelt, dann habe ich sowas in der "freien Wildbahn" zu unterlassen. Geht das ganze schief, habe ich nämlich keine Möglichkeit, das ganze zu korrigieren. Sowas soll doch bitteschön im Krankenhaus unter intensivmedizinischer Kontrolle gemacht werden ...

    nicht dass der Eindruck entsteht ich würde den Patienten als Versuchskaninchen sehen,
    aber es ist was anderes ob ich die Daten nur vom Waschzettel oder aus Lehrbüchern kenne,
    oder es selbst erfahre.


    Allein das Gefühl jetzt selbst zu handeln, selbst verantwortlich zu sein, evtl für unkalkulierbare Konsequenzen gerade zu stehen oder auf unvorhersehbare Komplikationen reagieren zu müssen kann dir kein Lehrbuch abnehmen.


    Dazu ist es aber nötig dass ich diese Dinge auch praktisch mache !




    Und ich sage auch immer: in der Medizin gibt es nichts was es nicht gibt !


    Fühlst du dich in der Anwendung eines Medikaments sicher so kann es bei einem vom 100 gar nicht wirken,
    oder eine dir völlig unbekannte Nebenwirkung hervorrufen.


    Sowas bekommt man aber auch nur mit wenn man es tatsächlich macht.
    Und dazu braucht man eine gewisse Anzahl an Patienten. Ist halt so.
    Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen als durch Erfahrung.


    Oder reichen etwa 20 Intubation am Übungsphantom um als erfahrener Intubateur zu gelten ?
    Nein, auch hier müssen aus gutem Grund echte Patienten herhalten ... sorry ... ist aber so.

    es gibt immer einen Idioten der einem die Tour versaut !
    genau Einen !

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Mit Deiner ersten Aussage sprichst Du Dir gerade sämtliche Fachqualifikationen ab ...


    Moment mal... Du sprichst ihm die fachliche Qualifikation ab, weil er verlangt, dass die geforderten Maßnahmen beherrscht werden sollen?
    Wie kommst Du denn auf das schmale Brett?
    Ich will den Rettungsassistenten sehen, der - wahrlich nur im Rettungsdienst tätig - von sich behaupten kann, dass er wirklich sicher intubieren kann!
    Und das ist für mich auch nur die Spitze des Eisbergs.
    So wie Calimero das beschrieben hat, ist das schon stimmig, für mich zumindest.


    Aber gut, das wollte ich nur einmal einwerfen... ich lese noch ein Weilchen mit, bevor ich hier vom Leder ziehe! ;)

  • Ich vermute mal du meinst diese Tragen, die in den bayerischen S-RTWs oder in den schleswig-holsteinischen Innovations-RTWs verbaut sind? Ich lehne mich jetzt mal aus dem Fenster und behaupte einfach mal das die um einiges teuerer sind wie ganz normale Tragen, wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?!


    Zum Thema SH-Innovations-RTW möchte ich hier einen Mitarbeiter einer Tragenfirma zitieren, der bei der Einweisung zu unserem euren RTW sagte "Das Power-Load-System wollen sie jetzt in ganz SH einführen."


    Zum Thema Kosten: Wie ich auf Arbeit vernommen habe, liegt der Kostenpunkt für eine Stryker Power Pro XT mit dem automatischen Einladesystem Power-Load im Preissegment von ca. 30.000 €

    Der Kopf ist vor allem der Behälter des Gehirns, nicht der Humus für die Haare. (Gino Cervi, Luigi Cervi, ital. Schauspieler)


  • Zum Thema SH-Innovations-RTW möchte ich hier einen Mitarbeiter einer Tragenfirma zitieren, der bei der Einweisung zu unserem euren RTW sagte "Das Power-Load-System wollen sie jetzt in ganz SH einführen."


    Zum Thema Kosten: Wie ich auf Arbeit vernommen habe, liegt der Kostenpunkt für eine Stryker Power Pro XT mit dem automatischen Einladesystem Power-Load im Preissegment von ca. 30.000 €



    Ich beonachte das gespannt. Ja ist sehr teuer. Andererseits... wenn ich sehe was in manchen Städten in den Fahrzeughallen steht dürfte das System auch drin sein. Eine generelle Verbreitung sehe ich als Option, wenn die BG usw. irgendwann deshalb Druck macht. Mit Qualifikation meinte ich ja die Tendenz weg vom "Kurzzeitpersonal". Also die Zivis und ehemaligen Zivis die etwas Zeit überbrücken dürften seltener werden. Dank fehlendem LKW Führerschein und der Ausbildungsdauer beim NFS wird man eher mehr fest anstellen müssen. Da bekommt eine elektrische Trage schon mehr Relevanz wenn reihenweise Kollegen mit 40 ausfallen weil der Rücken hinüber ist. An meiner Arbeitsstelle gab es keinen Festangestellten ohne Rückenprobleme. Und die haben alle zu Zeiten angefangen als das Einsatzvolumen 1/4 des heutigen Standes war. Sprich wer heute anfängt, hält sicher nicht mehr bis zur Rente durch. Die Kosten für Reha usw. wird die BG auf Dauer sicher auch nicht zahlen wollen. Ich denke allein daher wird man die neuen Tragen irgendwann einführen müssen. Spannend ist eher wann.

  • Hallo zusammen, hier ein kleiner Seitenwink von mir.


    In dieser fachlich gut gemachten Doku vom 30.05.14 geht um die Entwicklung im RD, besser gesagt um den Vergleich zwischen Paramedic- und Notarztsystemen. Zentrale Fragestellung im Beitrag ist: Wie kann der Rettungsdienst qualitativ am besten funktionieren, und welches Personal mit welcher Ausbildung ist dazu nötig?


    https://www.youtube.com/watch?v=UdFHX9zv4mQ


    treffpunkt medizin - "Im Rettungswagen"


    Die rettungsdienstliche und damit präklinische Versorgung in hoch entwickelten Ländern gehört zu einer selbstverständlichen und enorm wichtigen Dienstleistung.
    "treffpunkt Medizin" nimmt sich des Themas dieses Mal in organisatorischer Hinsicht an: Wie kann der Rettungsdienst qualitativ am besten funktionieren, und welches Personal mit welcher Ausbildung ist dazu nötig? ist dabei die zentrale Frage.


    Dazu wurden Mitarbeiter bei Rettungsdiensten in New York/USA, in Hamburg | Deutschland, in Luzern/Schweiz und in Tirol und Niederösterreich/ Österreich bei Einsätzen ihrer anspruchsvollen Tätigkeit von Markus Voglauer und Maximilian Klamm begleitet.


    Grüße :)

  • Was sollte/muss sich am Rettungsdienst ändern, dass dieser sich weiterentwickelt?


    Fangen wir dort an, wo der Rettungsdienst noch gar nicht mit im Spiel ist: Beim Bürger, der einen Notfall erkennt und nun handelt.
    Wir brauchen Bürger, die seit Kindesbeinen in Erster Hilfe ausgebildet und auch so sicher sind, dass sie ihr Wissen und Können auch anwenden. Wir brauchen eine gesellschaftliche Ächtung für Bürger, die wegsehen und verbeigehen, statt zu helfen. Es ist Fakt, dass durch eine schnelle, möglichst korrekte Erste Hilfe schwerer Gesundheitsschäden oder der Tod vermieden werden können.


    Nun ruft der Bürger an. Dazu muss er wissen, wen er anruft. Polizei, ärztl. Notdienst oder die Mutti sind bei med. Notfällen i.d.R. die schlechteren Alternativen. Mit der EU-weiten Einführung der "112" und die Gestaltung dieser "integrierten Leitstellen" hat man einen riesigen Fehler gemacht: Man hat "integriert", was man für med. Hilfe nicht integrieren musste. In Bayern haben z.B. die RLSt. des BRK ("19222") mit wenigen Ausnahmen auch den dem RD recht eng verwandten (und somit oft verwechseltem) ärztl. Notdienst disponiert. Unter der "echt integrierten" Nummer 19222!!! Auch Krankentransporte - egal ob Fahrt zur Reha oder NA-Verlegung gab es unter dieser EINEN Nummer. Und nebenbei auch mehr oder weniger direkt bzw. sofort auch alle anderen Dienste aus dem Angebot der grössten bay. HiOrg. Heute haben wir die "112". Anrufer werden schon mal an eine andere Nummer (die neue 116117) verwiesen (und vorn dort ggf. auch wieder zurück), Krankentransporte bekommt man unter der 112 "eigentlich" nicht, in manchen Gegenden definitiv nicht ("wählen sie 19222 oder sowas")


    Wir brauchen Leitstellen, die wirklich integriert sind und - ggf. auch unter verschiedenen Rufnummern (Prioritätsauswahl!) - wirklich ALLE Dienste rund um die med. Versorgung udn andere Notfallhilfe anbieten. Die Abfrage sollte dort nach strukturierten Abfrageschemata vorgenommen werden, um schnellstmöglich eine Erstentscheidung "welcher Fachdienst?" herbeizuführen. (ein "Upgrade" bzw. Abbestellen des soeben alarmierten Einsatzmittels kann ja dann im Laufe des weiteren Gesprächs immer noch erfolgen)
    Wir brauchen alle Möglichkeiten moderner Technik zur Disposition des/der richtigen Einsatzmittel. (GPS-Ortung, Alarmierung, Routenberechnung, Navigation, Einsatzdatenübermittlung und -Rückmeldung) Das seit Jahren noch vor der Einführung veraltete "Tetra"-Funknetz hilft hier nicht!!!


    Ist das Fahrzeug unterwegs, findet man erstaunlicherweise dort die meisten Neuerungen. Allerdings auch nur, weil die Fahrzeughersteller serienmässig schon Dinge einbauen, von denen man früher nicht einmal geträumt hat (ABS, ESP, Allrad, Xenon-Licht, LED-(Blau-)Licht, Fahrassistenzsysteme etc.). "Hinten" hat sich dank der EN 1789 viel getan - an die Wand "gespaxte" Notfallkoffer gibt es nicht mehr (jedenfalls nicht serienmässig). "10g" "Chrashtest" usw. haben viel bewegt.


    Steigt das Personal aus, sieht man auch Veränderungen. Statt Turnschuhen und T-Shirt hält vernünftige PSA Einzug. Koffer sind vielerorts tragefreundlicheren Rucksäcken gewichen, die med. Geräte (Defi usw.) sind "schlauer" und bieten mehr als früher. (auch die Akkus halten länger, die Geräte werden leichter etc.)


    Wird das PSA-gekleidete Rettungsmännchen allerdings aktiv, tut sich seit Jahrzehnten nichts. Mit "Zugang" oder "Defi" usw. ist es wie vor 25 Jahren bei den damaligen RS . Man kann es, aber ob man es darf ist nicht so sicher. Mancherorts wird man gekündigt, weil man es gemacht hat, anderenorts wird man angeschissen, wenn man es nicht gemacht hat. Wie gut das Rettungsmännchen tatsächlich qualifiziert ist (gilt auch für die Rettungsmedizinmännchen) hängt massiv vom Zufall ab. Es gibt zwar eine ansich einheitliche Ausbildung zum RA bzw. nun bald NFS, aber das Zusatzwissen (die meistens mit "..LS" enden) wird nicht gefordert, nicht bezahlt, nicht vergütet. Manche RD´s wünschen und haben das, die meisten aber nicht. Jeder kennt vermutlich RA, bei denen er Angst hätte, wenn die nur ein Pflaster auf sein Knie kleben und auch RA, die er jedem NA vorziehen würde....


    Es gibt seit Jahrzehnten keine einheitliche, eindeutige Regelung die einem RS/RA/NFS zugesteht, ohne wenn&aber seine erlernten Fähigkeiten auch anzuwenden. Seit Jahrzehnten existiert das Konstrukt "Notkompetenz", das aus zusammengemischt div. Quellen (Meinung der BÄK, Strafgesetzbuch etc.) immer noch eine quasi-Handlungsanweisung darstellt. Viele Leute haben sich tausende Strunden den Kopf über den neuen NFS zerbrochen und ein Gesetz geschrieben - sie haben es aber nicht geschafft, dass dort drinsteht "der NFS darf - ohne wenn&aber - einen Zugang legen" (von weiteren Massnahmen wie Med-Gabe mal ganz abgesehen)



    Fazit: Auch wenn der Bürger bestens in EH ausgebildet ist, die richtige Rufnummer wählt, einen kompetenten Disponenten in einer technisch ideal ausgestatteten Leitstelle trifft und der RTW dank vielerlei Technik schnell und sicher ankommt - wenn das Rettungsmännchen dann mit einem Bein im Knast steht, wenn es was tut (oder eben nicht tut), dann hilft die ganze Vorarbeit nix.


    Wir brauchen als Rettungsmännchen eine gute Ausbildung und auch Bezahlung(!). Gerne auch auf Fachhochschulniveau (siehe Schweiz). Aber dann auch mit eindeutigen, klaren und umunstösslichen Kompetenzen, die dieser Ausbildung entsprechen. In anderen Ländern, die kein Notarzt-basiertes RD-System haben, funktioniert das auch. Un dich sag mal ganz gewagt, dass in z.B. der Schweiz kein Patient stirbt, weil die dortigen RS HF gut ausgebildet sind UND mehr Kompetenzen haben als hier bei uns die RA.


    In Deutschland werden die Ärzte als Götter bezeichnet. Sie dürfen Alles - selbst wenn sie es nicht können (dann ist´s halt ein "Kunstfehler" und dafür gibt´s ne Versicherung). Wir wissen Alle, dass ein fitter Krankenpfleger, der seit Jahren auf Intensiv/Anästhesie/Station arbeitet, so manchen Jung-Arzt locker in die Tasche steckt. Nur - er darf das nicht (auch wenn er es oft tut...)


    Wir müssen weg von diesem Arzt-Standesdünkel. Die Notfallmedizin ist ein sehr enger, kleiner Bereich der gesamten Medizin. Was dort nötig ist bzw. gefordert wird, kann man durchaus in 3 Jahren erlernen. Viele Ärzte halten einen "Facharzt für Notfallmedizin" nicht für notwendig, weil das Fachgebiet zu klein ist. (aber Facharzt für eine Handvoll Organe (z.B. Urologie) oder gar eigene Arztbezeichnungen (Dr. dent.) gibt es natürlich.


  • Zum Thema Kosten: Wie ich auf Arbeit vernommen habe, liegt der Kostenpunkt für eine Stryker Power Pro XT mit dem automatischen Einladesystem Power-Load im Preissegment von ca. 30.000 €


    Das betrifft aber nur das System ansich. Der Rest ist da noch nicht mitgerechnet. Der Rest? Ja klar, denn die "Fahre" trägt man nicht eben mal durch das Treppenhaus, wird von einer DL bewegt etc. Da müssen weitere Hilfsmittel her (z.B. zum Tragen ein Spineboard/Schaufeltrage, für die DL eine passende DIN-Trage inkl. Umlagerungsmöglichkeit. Und natürlich der höhere Wartungsaufwand (Akkus, el. Teile etc.) sowie ggf. Luftfederung statt gefedertem Tisch) für das Fahrzeug.


    "Power-Load" udn ähnliche Systeme sind eine feine Sache, man muss aber den "Rest" auch bedenken (erst neulich war ich mal heilfroh, eine "normale" trage zu haben. Ziemlich "breiter" Patient, Aufzug zu klein, aber Treppenhaus gross. Tragenoberteil runter und fertig. Ging ganz bequem.... Mit einer Power Pro XT hätten wir den Patienten auf ein Spineboard oder Schaufeltrage schnallen und vermutlich eine Tragehilfe anfordern müssen. (Sitzend oder Tragetuch ging nicht wg. Schenkelhals#)

  • Das betrifft aber nur das System ansich. Der Rest ist da noch nicht mitgerechnet. Der Rest? Ja klar, denn die "Fahre" trägt man nicht eben mal durch das Treppenhaus, wird von einer DL bewegt etc. Da müssen weitere Hilfsmittel her (z.B. zum Tragen ein Spineboard/Schaufeltrage, für die DL eine passende DIN-Trage inkl. Umlagerungsmöglichkeit. Und natürlich der höhere Wartungsaufwand (Akkus, el. Teile etc.) sowie ggf. Luftfederung statt gefedertem Tisch) für das Fahrzeug.

    Kann man bei den Power Load Fahrtragen die Trage nicht von der Fahre abnehmen, um sie auf den Leiterkorb zu spaxen?

  • "Power-Load" udn ähnliche Systeme sind eine feine Sache, man muss aber den "Rest" auch bedenken (erst neulich war ich mal heilfroh, eine "normale" trage zu haben. Ziemlich "breiter" Patient, Aufzug zu klein, aber Treppenhaus gross. Tragenoberteil runter und fertig. Ging ganz bequem.... Mit einer Power Pro XT hätten wir den Patienten auf ein Spineboard oder Schaufeltrage schnallen und vermutlich eine Tragehilfe anfordern müssen. (Sitzend oder Tragetuch ging nicht wg. Schenkelhals#)


    ...dann schau dir mal die PowerPro XT oder auch die Kartsana PowerBrava genauer an - bei beiden elektrohydraulischen Tragenmodellen kann man den Rahmen unter dem Kopfteil einschieben (wenn das Kopfteil aufgestellt ist). Sofern der Patient eine Oberkörperhochlage toleriert, kriegst du diese Tragen somit auch auf ca. 160cm Länge verkürzt. Vielleicht hättest du also auch hier deutlich weniger heben müssen.


    Umdenken wird da angesagt sein - und neben vielen ergonomischen Vorteilen muss man auch bereit sein, einige Nachteile in Kauf zu nehmen. Aber Veränderungen tun immer erst einmal weh...


    Ich für meinen Teil bin zutiefst davon überzeugt, dass diese Systeme nicht zu teuer sind - die Ausfall- und Behandlungskosten für Wirbelsäulenerkrankungen sind auf lange Sicht erheblich teurer. Der Job geht schon genug auf den Rücken, die Belastungen sollten reduziert werden, soweit irgendwie sinnvoll möglich. Eine neue Batterie für die Trage kann ich kaufen wenn sie verschlissen ist - einen neuen Rücken nicht.

    ________________
    alle Aussagen spiegeln ausschließlich meine private Meinung wieder

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!