Meldebilder - wie ernst nehmen?

  • Hallo,


    "xx/yy/zz, fahren Sie A-Strasse 12, im 2.OG bei Mustermann verletzte Person" - so oder so ähnlich hört man es ständig auf Funk. Es gibt nicht wenige Kollegen, die schon die Anfahrt entsprechend dem Meldebild gestalten ("ach, nur Besoffen, dann eilt es ja nicht so arg" oder "sch... ´ne Rea bei ´nem Kind! Vollgas!")


    Am Einsatzort dann oft ähnlich "nur Besoffen? Da reicht der "rote Koffer", EKG, Sauerstoff/Beamtung, Absaugung - kann man ja im Auto lassen"


    Ich hatte heute (mal wieder) ein Meldebild, das ansich ganz "unverdächtig" war. Gemeldet war ein "Sturz" in häuslicher Umgebung, meistens handelt es sich dabei um Prellungen, Kopfplatzwunde, Schenkelhalsfraktur o.ä. Gut, ich bin nicht gefahren wie der Teufel oder betont langsam gewesen (ich mach da eh keinen Unterschied bei der Anfahrt) und wir sind auch nicht gerannt oder gemütlich gegangen. Aber "das Equipment" hatten wir dabei (Notfallrucksack, O2-Tasche, EKG). Vor Ort dann... ja, der Patient war gestürzt - vom Küchenstuhl auf den Boden. Das primäre Problem war aber eher der Kreislaufstillstand..... NA-Nachforderung, HLF mit Lucas, KIT - volles Programm. "Primär erfolgreich", kurz nach Übergabe im KH stabile Eigenfrequenz mit sehr gutem Druck. Diagnostisch (Herzkatheter) handelte es sich um einen massiven Hinterwandinfarkt....


    Da stellt sich mir mal wieder die Frage, welchen Sinn Meldebilder eigentlich haben. Ich wüsste eine Menge Kollegen, die bei "Sturz" mal "nur den Koffer" mitnehmen und z.B. EKG usw. im Auto lassen. Es ist doch eigentlich völlig egal - ich muss mit Blaulicht zu einem Notfallort und dort hat Alles zu sein, was man mobil eben hat bzw. brauchen könnte. Interessant ist allenfalls, ob weitere Kräfte (z.B. NA, Pol, FW) vor Ort oder mitalarmiert sind und ob Besonderheiten zu berücksichtigen sind (z.B. Kind - da brauch ich den Kinderkoffer)


    Die ganzen Meldebild-Diagnosen "Apoplex", "Fraktur", "Kollaps", "HI", "unklar" usw. könnte man sich doch eigentlich sparen. "Notfall bei...." reicht doch. Ggf. halt "Nofall mit NA bei...." usw.

  • ist jedem selbst überlassen wie er mit den Meldungen umgeht.


    Ich kann es verstehen wenn Alteingessene die Meldebilder für "die Wahrheit" halten und dann Scheuklappen aufsetzen und an nichts anderes mehr denken.


    Wer Spaß am Job hat der nimmt das Meldebild als grobe Empfehlung und weiß dass sich aus der Kombination von
    "aufgeregter Laie schildert Notfall + LST-Mitarbeiter ist ja selbst nicht dort" etliche Fehler ergeben können.


    Ich wäre allerdings dtl. dagegen die Meldebilder abzuschaffen und nur die Adresse mitgeteilt zu bekommen,
    da der RD eben Teamarbeit ist und ich finde es nur fair wenn man sich schon auf der Anfahrt im Team absprechen kann und dafür braucht man eben Informationen von der LST.


    Natürlich spricht man sich nicht für jeden intern. Notfall ab, aber zB sowas wie:


    "Feuer", "Gasgeruch", "VU"
    (-> wo ist die PSA verstaut ?, welche Nebenstraße nehmen wir, über welche Hauptstr. wird die FW anfahren ? sodass wir wahrscheinlich nicht zugeparkt werden oder selbst behindern ?)


    "nicht-ansprechbare-Person"
    (-> und wenns ne Rea ist ? wer von uns macht den Kopfhelfer ? wer nimmt also welche Geräte mit ? bist du fit und kannst ein paar Minuten drücken ?)


    "intern. Notfall"
    (-> soll unser Azubi mal den Notfall machen und wir halten und im Hintergrund ?)


    "Geburt"
    (-> oh gott, wie war das nochmal ? bei welcher Wehentätigkeit sollten wir lieber zu Hause bleiben ?, hast du den APGAR noch im Kopf ?)


    "Schlägerei, Schußwechsel"
    (-> ist die Pol vor Ort ? - evtl "langsamere" Anfahrt wenn die Pol noch nicht vor Ort ist und man sowieso noch nicht aussteigen würde)


    "Ertrinkungsunfall"
    (-> was machen wir wenn die Person noch im Wasser ist ? gehen wir rein, wenn ja, wer ? wie sichern wir uns ? kennst du die Örtlichkeit ? fliessendes Gewässer ? tiefe, Geschwindigkeit ?)


    usw...

    es gibt immer einen Idioten der einem die Tour versaut !
    genau Einen !

  • Das ist wohl Problem der Kommunikation oder besser der nicht vorhandenen Kommunikation.
    Was erfährt/erkundet der Disponent beim Anruf? Was hackt er in den PC? Was gibt er weiter?


    Jedoch kann man sich genauso gut selber fragen, was ich aus dieser Meldung mache. Ein Sturz kann eine intern. Indikation haben. Genauso kann ein Kreislaufstillstand die Folge eines Trauma sein - ich brauch nicht groß zu drücken, wenn das Bein 2m weiter liegt und ich in ner Fütze mit Blut stehe. Aber sowas lernt man eigentlich in der Ausbildung und in der Praxis.

  • Hallo,



    ist jedem selbst überlassen wie er mit den Meldungen umgeht.
    Ich kann es verstehen wenn Alteingessene die Meldebilder für "die Wahrheit" halten und dann Scheuklappen aufsetzen und an nichts anderes mehr denken.


    Es ist wohl eher so, dass "die Neuen" die Meldebilder für bare Münze nehmen. Wie sehr bzw. oft Meldebilder falsch sind, erfährt man nur mit Erfahrung.....




    Das wäre bei meinem erlebten "Sturz" ja geradezu klassisch. Man bespricht auf der Anfahrt schon mal mit dem Azubi, wie man evtl. Frakturen und/oder Platzwunden erkennt/versorgt und beschliesst, ihn diesmal "machen zu lassen" - und dann ist es plötzlich ´ne Rea - völlig unvorbereitet und zudem auch noch völlig "falsch" vorher besprochen! Ich hab auch schon die unterschiedlichsten Diagnosen beim Meldebild "Apoplex" gehabt - von bewusstloser Hirnblutung, Unterzucker, Krampfanfall bis hin zur Schenkelhalsfraktur ("weil Schwäche im linken Bein") - Alles da! Wie soll oder will man sich bzw. einen Azubi da auf der Anfahrt(!) vorbereiten? Wie soll ein Azubi oder noch "frischer" Kollege ausgerechnet das dann verarbeiten? Im Extremfall: Schienensatz mit dabei, EKG aber im Auto gelassen?


    Zitat


    "Geburt"
    (-> oh gott, wie war das nochmal ? bei welcher Wehentätigkeit sollten wir lieber zu Hause bleiben ?, hast du den APGAR noch im Kopf ?)


    Bei solchen Fällen wäre das ganze Team fehl am Platz, wenn man die med. Besonderheiten erst auf den 5-10 Minuten Anfahrt "absprechen" oder deshalb gar eifrig im $Notfalltaschenbuch blättern müsste.


    Ganz allgemein wird IMHO auch in der Leitstelle viel Zeit darauf verschwendet, ein möglichst genaues Meldebild zu erhalten. Dabei ist es doch eigentlich primär wichtig, ob ärztl. Notdienst, KTW, RTW oder NA benötigt wird. Mehr nicht. Ob der RTW/NA auf "bewusstlos", "Apoplex" oder "Hirnblutung" fährt, ist doch schon wieder völlig egal.....

  • Ich finds praktisch damit man sich darauf einstellen kann - insbesondere wenn man "Neu" ist. Also zumindest ich habe ein besseres Gefühl wenn ich ne Vorahnung habe was mich erwarten könnte. Ist natürlich immer doof wenn es doch etwas ganz anderes ist, aber in der Mehrheit der Fälle stimmt es ja ungefähr. Es geht mir da am ehesten darum. dass man schon auf der Fahrt nochmal Besonderheiten bzw. etwas besonders zu beachtendes nochmal abruft.
    Ich denke, dass man sich z.B. auf eine Kinderreanimation auch mental etwas besser vorbereitet wenn man es schon vorher weiß.

  • Bei solchen Fällen wäre das ganze Team fehl am Platz, wenn man die med. Besonderheiten erst auf den 5-10 Minuten Anfahrt "absprechen" oder deshalb gar eifrig im $Notfalltaschenbuch blättern müsste.


    das war auch nur ein Beispiel.
    Aber generell sehe ich es so dass


    - man nicht alles wissen kann
    - was man selten braucht wird oft vergessen
    - sollte man solche Schwächen ruhig eingestehen und sich im Team besprechen bevor noch jemand zu Schaden kommt


    du weist bestimmt alles und brauchst niemanden fragen ... wahnsinn :)

    es gibt immer einen Idioten der einem die Tour versaut !
    genau Einen !


  • Aber generell sehe ich es so dass


    - man nicht alles wissen kann
    - was man selten braucht wird oft vergessen
    - sollte man solche Schwächen ruhig eingestehen und sich im Team besprechen bevor noch jemand zu Schaden kommt


    Bei der häufigen Unschärfe der üblichen Meldebilder halte ich eine Konzentrierung darauf ("Besprechung" etc.) für fehl am Platz. Ich habe auch schon Meldebilder erlebt, bei denen sich vor Ort die dann Frage stellte, wie der Disponent nur auf sowas kommen konnte.....


    Dass Abfrage in der Leitstelle oft nicht ganz einfach ist, weis ich aus eigener Erfahrung. Aber eben auch deshalb ist es doch eigentlich egal, "worauf" man fährt. Notfall, Blaulicht, fertig - das sollte prinzipiell mal reichen.

    Ich weiss, was ich sage. Ich weiss nicht, was du verstehst

  • Bei der häufigen Unschärfe der üblichen Meldebilder halte ich eine Konzentrierung darauf ("Besprechung" etc.) für fehl am Platz.


    ich sagte ja bereits dass man sich nicht für jeden intern. Notfall besprechen muss,


    wenn es aber um Reanimationen, Brände, Verkehrsunfälle, Geburten, Ertrinkung oder weiß der Kuckuck um was geht,
    dann gibt es da relativ wenig Interpretationsspielraum für den Disponenten.


    Solche Sachen sind relativ schnell klar,
    und darüber kann man dann auch sprechen, wenn Bedarf besteht.

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    genau Einen !

  • Hallo,


    wenn es aber um Reanimationen, Brände, Verkehrsunfälle, Geburten, Ertrinkung oder weiß der Kuckuck um was geht,
    dann gibt es da relativ wenig Interpretationsspielraum für den Disponenten.
    Solche Sachen sind relativ schnell klar,
    und darüber kann man dann auch sprechen, wenn Bedarf besteht.


    Du kennst die $Dispoenten und die (ggf. kaum deutsch sprechenden) Anrufer nicht ;)


    Einer der Brüller war mal das eigentlich einfach abzufragende Meldebild "Entbindung". Selbst der Disponent staunte nicht schlecht, als der RTW dann "1x weiblich HNO" bestellte.... Kinder kommen gewöhnlich nicht durch die Nase ;) Was war passiert? Frau in 36 SSW hatte massives, unstillbares Nasenbluten. Die Frau konnte recht gut deutsch, ihr Mann (der angerufen hat) leider nicht. Das Ganze muss dann in etwa so gelaufen sein "Frau bald Baby, jetzt viele Blut, kommen schnell" oder so.
    Aber gut, "Geburt" ist insofern etwas "Besonderes", da man hier sinnvollerweise mehr als das normale Equipment mitnimmt (Koffer Abnabelung und/oder Babykofffer)


    Aber dennoch würde mir eine Reduktion auf eine Handvoll Meldebilder reichen: "intern" oder "chirurgisch", jeweils mit oder ohne NA sowie bei Bedarf Zusatz "Kind/Kleinkind/Säugling", dann "Brand", "VU" etc. (Letztere mit/ohne NA, Pol. usw. ) - also Dinge, bei denen man auf Eigenschutz und Einsatztaktik achten muss. Der Rest ist für mich schon wieder egal, denn ob ich jetzt zu einem HI, Apoplex, Lungenödem oder einem Krampfanfall fahre, ist doch wurscht. "intern mit NA" reicht doch.


    Ich hab auch schon Kollegen (auch NA!) erlebt, die zielgerichtet versuchten, das Meldebild zu bestätigen bzw. auszuschliessen und sich eben nicht vorrangig slebst ein Bild der Situation machten. Wie ein "Apoplex" am Telefon zustandekommt, wenn jemand einen schiefen Mund hat und kaum sprechen kann ist einleuchtend, aber eine Kiefer-Lux sieht halt dann doch anders aus, als ein Schlaganfall und man braucht Angehörige und Patient nicht mit Fragen nach evtl. stattgefundenen Schlaganfällen, der Suche nach alten Arztbriefen und Medikamentenlisten etc. zu nerven....


    Im erweiteren Bereich machen die möglichst genauen Meldebilder auch keinen grossen Sinn - nämlich in der Leitstelle. Wichtig ist, ob ein RTW/NA dort mit Blaulicht hin muss, ob weitere Kräfte (Pol, FW) nötig sind oder ob ein KTW, ärztl. Notdienst etc. ausreicht. Man erstellt am Telefon sicherlich immer eine Arbeitsdiagnose, aber muss man die dem Auto dann auch mitteilen (und sich ggf. pappnasig machen)? Verschiedene Abfragesysteme zielen darauf ab, den Notfallort als Erstes zu erfahren und dann erfolgt eine feinere Sortierung - relativ früh steht aber fest, ob RTW, NA oder ärztl. Notdienst ausreicht. Und wichtig: Das Auto rollt schon, bevor so richtig genau hinterfragt ist, ob es jetzt ein z.B. Apoplex oder Z.n. Krampfanfall ist.... "A-Strrasse 25, Notfall akut" - Alarmierung - der Rest der Abfrage ist "nett", aber schon nicht mehr unbedingt notwendig.....

  • na wenn man nix mehr glauben kann dann glaubst halt nix mehr ...



    selbst wenn man die Meldebilder reduzieren würde gäbe es noch immer genug Möglichkeiten daneben zu liegen.
    hinter einem VU könnte ein Herzinfarkt stecken,
    hinter dem "Sohn der nicht mehr atmet" muss kein Kleinkind sondern kann auch ein Zwanzigjähriger stecken,
    hinter dem Betrunkenen kann auch ein Diabetiker stecken ...


    wenn du alles in Frage stellst, dann kannst du jedes Meldebild in Frage stellen,
    egal ob es 1 aus 10 oder 1 aus 1000 möglichen reduzierten Meldebildern ist.



    Natürlich weiß ich wie es in der LST am Telefon abgeht,
    aber ein bisschen Vertrauen ins System, in den Anrufer und die Fähigkeiten des Disponenten braucht man schon.


    Oder sitzen die Guten nur auf dem Bock ?

    es gibt immer einen Idioten der einem die Tour versaut !
    genau Einen !

  • Also wenn jemand versucht lediglich die "Diagnose" der Meldung zu Bestätigen dem ist, meiner meiner Meinung nach, nicht mehr zu helfen. Auch nicht durch unklarere Meldebilder.


    Um ehrlich zu sein: Ich kann keinen Nachteil in genauen Meldebildern erkennen. Wer aufgrund von bestimmten Meldebildern meint da mit nem Tunnelblick den Patienten zu behandeln ist ganz einfach ungeeignet für den Beruf. Das liegt nunmal nicht an den Meldungen.

  • In meinem Arbeitsbereich gibt es für den Rettungsdienst im Grunde nur zwei Hauptstichworte.
    Das ist einmal die "Person in Notlage", da fährt nur der RTW und den "Medizinischen Notfall" bei dem der Notarzt mitrollt.


    Diese beiden Stichworte können über eine kleine Anzahl von zusätzen erweitert werden (Hilflose Person, Verletzte Person, Atemnot, Plötzliche Bewusstlosigkeit....) und der Disponent kann noch weitere Infos von Hand in das Alarmfax eintragen (männlich/weiblich, alter, geschehen, usw...)
    Mit diesen Angaben kann man sich eigentlich recht gut auf die zu erwartende Situation einstellen. Sicherlich kann der beispielhafte Sturz auch einen internistischen Hintergrund haben, aber das festzustellen gehört meiner Meinung nach in jede gute Anamnese.


    Meldertexte sollten Grundsätzlich nur als grobe Info genommen werden und keinesfalls als Grundlage für Schlachtpläne auf der Anfahrt dienen. Denn erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!


    Zum einen kann der Meldende die Situation am Telefon herunterspielen (aus Angst, aus Scham oder auch im Schock...), da ist das "kleine Malheur" mal eben eine offene Unterschelnkefraktur mit arterieller Blutung, oder der Anrufer übertreibt. Dann wird aus einer kleinen Platzwunde schnell mal eine schwere Verletzung, bei der der Notarzt mitalarmiert wird.


    Mein Fazit: Man sollte sich nicht fest am Alarmtext klammern, sondern ihn als grobe Richtung sehen. Jede zusätliche Information sollte schlüssig sein, und nicht meinen Tunnelblick weiter verengen. Bei jeder kleinen, zusätzlichen Info entscheide ich für mich, ob sie nützlich ist für mich, oder nicht.
    Bitte das ganze auch mal aus sicht des Disponenten sehen. Erst wenn ich als Disponent genügend Infos habe, kann ich eine alarmierung tätigen, da ich aufgrund des Meldebildes die Einsatzstelle mit den richtigen Einsatzmitteln beschicken kann. Die Abfrage des Disponenten sollte zum Zeitpunkt der Alarmierung bereits abgeschlossen sein, da der Disponent z.B. eine Laien-Rea am Telefon anleiten muss. Infos, die ich nach der Alarmierung über Funk erhalte können zum einen untergehen, fehlinterpretiert werden ( durch Lärm, Funkrauschen...), belasten den Funkverkehr und sind dem Datenschutz auch nicht grade dienlich wenn sie über Funk kommen. Daher finde ich solche Ideen wie von Rescue-M (nicht persönlich nehmen :zwinker: ) nicht so prickelnd wonach ich ein Fahrzeug sofort loschicke ohne Infos.

  • Hallo,



    selbst wenn man die Meldebilder reduzieren würde gäbe es noch immer genug Möglichkeiten daneben zu liegen.
    hinter dem "Sohn der nicht mehr atmet" muss kein Kleinkind sondern kann auch ein Zwanzigjähriger stecken,


    Mein ältester "Bub" war mal weit über 60, seine Mutter über 90.....


    Zitat


    Oder sitzen die Guten nur auf dem Bock ?


    Eben nicht.


    Wir wissen, dass Meldebilder aus verschiedenen Gründen oft nicht stimmen. Am Telefon etwas zu "diagnostizieren" ist häufig nicht möglich, man erhält falsche/ungenügende Informationen, Verständigungsprobleme, über- oder untertriebene Schilderung durch den Anrufer etc.


    Wenn wir aber wissen, dass Meldebilder oft falsch sind, warum sollten sie dann für die Fahrzeugbesatzungen wichtig sein? Warum sollte man sich auf der Anfahrt auf irgendetwas "vorbereiten" oder "absprechen" wenn die Chance gering ist, dass man vor Ort exakt das vorfindet, was der Disponent "gesehen" hat?


    Warum also nicht gleich eine grobe Richtung vorgeben (intern/chirurgisch, mit/ohne NA) und gut? Warum nicht "Atemstörung mit NEF" statt Lungenödem, Asthma, Bronchial-CA, COPD etc.?


    Ich glaube, dass ein Meldebild sogar öfter als man denkt das Handeln und die Anamnese/Diagnose vor Ort beeinflusst. Wenn ich mir z.B. ansehe, wie sich manche Kollegen verhalten, wenn "[betrunkene Person]" aus dem Drucker tickert... Manche trinken noch flott ihren Kaffee aus, fahren eher gemütlich ("schon wieder ein Besoffener, der 4. heute!") und die erste Frage vor Ort lautet nicht selten "wieviel haben sie denn getrunken?" Mag ja sein, dass der Patient keinen Armani-Anzug trägt, ´mag ja sein, dass er neben einer zerbrochenen Bierflasche liegt und erbrochen hat, aber ist er deshalb wirklich "nur" besoffen? Natürlich fährt man die komplette Anamnese und Diagnose und kommt auf Z.n. Krampfanfall, Apoplex etc. - aber Hand auf´s Herz - wer macht das wirklich immer und ist nicht etwas voreingenommen, weil ja auf "besoffen" gefahren wurde?


    Und was "Diagnosen" betrifft - da liegen vor Ort manchmal selbst die NA nicht ganz richtig. Was dem Patienten wirklich fehlt, sieht man oft nur mit der "grossen Diagnostik", Labor und CT/Röntgen im KH. Wozu also schon bei der Alarmierung eine "Diagnose" weitergeben, die ggf. nicht einmal vom Notarzt vor Ort verlässlich bestätigt/ausgeschlossen werden kann?

  • Hallo,



    Um ehrlich zu sein: Ich kann keinen Nachteil in genauen Meldebildern erkennen. Wer aufgrund von bestimmten Meldebildern meint da mit nem Tunnelblick den Patienten zu behandeln ist ganz einfach ungeeignet für den Beruf. Das liegt nunmal nicht an den Meldungen.


    Den "Tunnelblick" wird man nie ganz verhindern können. Klar sieht professionelles Arbeiten anders aus, aber die Praxis zeigt, dass es eben auch oft anders läuft. Schon bei bestimmten Einsatzadressen (z.B. Obdachlosenwohnheim) haben viele Leute schon Bilder im Kopf ("ne klar, Herzinfarkt in der X-Strasse 25 - das kenn ich, ich hatte dort bisher nur besoffene Alkis" oder "hinter der Kirche im Park bewusstlos - besoffen wird da halt mal wieder jemand sein")


    Ist eben so. Zum "Mülleimerbrand" fährt die FW ja i.d.R. auch nur mit einem HLF oder dergl. - blöd nur, wenn der Mülleimer ein Papiercontainer ist und unter einem Carport aus Holz steht. Für 99,5% der "Mülleimer" reicht halt die Kübelspritze oder der Schnellangriff......

  • Wie sagte mal ein ärztlicher Leiter in einer Rettungsdienstfortbildung so treffend ...


    "Wenn ich sehe, dass da ein junger und unerfahrener Arzt in der Notaufnahme steht,
    dann werde ich mich hüten eine Verdachtsdiagnose abzugeben, da er sich darauf zu
    sehr verlassen könnte"


    Meldebilder sind sicherlich gut, aber die Frage ist letztlich, wie sicher kann denn ein
    Anrufer sein, der gerade einen Notruf absetzt? Von daher, auch das Kind aus dem
    Kindernotfall kann ganz plötzlich 60 Jahre alt sein ...


    Jeder HINWEIS, um was es bei einem Einsatzgeht, kann hilfreich sein, aber dennoch
    darf man sich darauf nie blind verlassen. Viel schlimmer als ein Meldebild ist für mich
    aber die Aussage "fahrt mal gucken" ...

  • Hallo,



    Jeder HINWEIS, um was es bei einem Einsatzgeht, kann hilfreich sein, aber dennoch
    darf man sich darauf nie blind verlassen. Viel schlimmer als ein Meldebild ist für mich
    aber die Aussage "fahrt mal gucken" ...


    Bei uns nennt sich das "erkrankt/verletzt" (Steigerung dann mit dem Zusatz "nach Verkehr") , d.h. der Disponent weis nicht einmal, ob intern oder chirurgisch und mit oder ohne Blaulicht.... aber auch bei diesem Meldebild hatte ich schon richtig massive Notfälle (z.B. Messerstiche in den Rücken, lt. Disponent (der später via Draht wissen wollt, was los war) gab der Alarmierer am Telefon (geringe Deutschkenntnisse) "Schmerzen im Rücken" und "Husten" an....


    Man kann sich halt nicht immer auf eine rein telefonische Diagnose verlassen und darum halte ich es auch für wenig sinnvoll, diese im Detail zu erstellen und an das Fahrzeug weiterzugeben. Ein "unklar" oder "mal gucken" wird es immer geben und das ist mir lieber, als eine mühsam gebastelte, aber falsche Diagnose! Wie gesagt - ich fahr da mit Blaulicht hin und gut.....

  • ich hab vom Retungsdienst keine/wenig Ahnung, aber in der Feuerwehr fahr ich auf "Zimmerbrand" und da ist es immer eine Überraschung, was man dann dort so vorfindet. Von angebranntem Essen bis zu Vollbrand eine Wohnung mit Personen in Gefahr gibt es da Alles. Und was dann dort gemacht wird, wird individuel entschieden. Löschen von Aussen, Rettungstrupp mit PA usw. - niemand macht das, was nur als Telefon-Meldebild genannt wird sondern das, was vor Ort getan werden muss. Mir ist es auch egal, ob ein Kinderzimmer, Abstellkammer oder nur das Essen in der Küche brennt und beim Rettungsdienst wär es mir vermutlich egal, ob jemand keine Luft kriegt, weil er Astma hat oder sein Essen verschluckt hat. Ich fahr da mit Blaulicht hin und muss das vor Ort irgendwie regeln und in den Griff bekommen.


    Ich schau bei der Feuerwehr auch nicht auf die Schleife am Piepser - wenn der geht, dann komme ich wenn ich kann, egal ob es eine Ölspur ist oder ein Unfall mit eingeklemmten Personen oder ein Brand.

  • ich frag' mal nen Schritt weiter:



    wollen wir jetz auch dem RD-Personal verbieten Verdachtsdiagnosen zu entwickeln, zu dokumentieren und zu kommunizieren,
    weil sie, genau so wenig ein ein Leitstellendisponent am Telefon, andere Differentialdiagnosen sicher ausschliessen können und mit ihrer Vermutung Nachfolgende im therapeutischen Team auf die falsche Fährte führen können ?


    oder mal ganz einfach:


    Der RA sagt im Krankenhaus: das ist ein Schlaganfall. Meint ihr dass das Krankenhaus nicht noch eigene Untersuchungen durchführt ?


    Der Disponent sagt: das ist ein Schlaganfall. Meint ihr dass der RA so blöd ist und dann an nichts anderes mehr denkt ?

    es gibt immer einen Idioten der einem die Tour versaut !
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  • Ich fahre nicht nur gerne mit festen Schlüsselwörtern (RTW Solo, RTW + NEF etc.) raus sondern auch gerne mit Verdachtsdiagnosen - Einfach um mich auf den Einsatz vorbereiten zu können.


    Muss ich nach dem Trauma-ABC vorgehen?
    Sollte ich direkt an Ausrüstungsgegenstand XY denken?
    Wie steht es mit dem Eigenschutz?
    Ok, Verdachtsdiagnose vom Disponenten ist ABC, wie waren da nochmal die Symptome und die Differenzialdiagnosen?
    etc.


    Rettungsdienst ist und bleibt abhängig von Kommunikation und Information; und das auch zwischen Leitstelle und Fahrzeug.
    Wenn z.B. Kinder-Notfall auf dem DME steht wüßte ich schon gerne ob es zum 08/15-Fieberkrampf rausgeht oder zum SIDS ...

  • Ok, Verdachtsdiagnose vom Disponenten ist ABC, wie waren da nochmal die Symptome und die Differenzialdiagnosen?


    sag das nicht zu laut - dann kriegste wieder vorgeworfen "wenn man darüber erst noch nachdenken muss ... biste falsch ..." :pfaffe:
    das hatte ich weiter oben schon .... :auslach:


    ----------------------
    im Grunde kann es jeder Interessierte ja mal selbst ausprobieren:


    in der nächsten Schicht quittiert man den Pieper nur und guckt nicht drauf, sondern lässt sich von seinem Kollegen nur die gewünschten nötigsten Informationen sagen (der simuliert dann die auskunftsfaule Leitstelle)


    und dann guckt man mal, wie überrascht man wird und welche Infos man sich noch gewünscht hätte oder ob einem eh alles schnurz
    ist weil "load an go" bei allem funktioniert :thumbup:

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