Tüftelei bei der Feuerwehr -> versichert ?

  • vorab:


    versteht mich nicht falsch:
    ich bin eigentlich für jede Innovation, erst recht wenn sie von Praktikern kommt, zu haben.


    In einem Magazin von und für die Feuerwehr :)
    las ich von Tüfeleien die im Einsatz helfen sollen.


    Teilweise geht es dabei auch um Dinge, die bei technischen Hilfeleistungen behilflich sein sollen.
    Das Feld der technischen Hilfelesitungen habe ich mir nun deswegen heraus gepickt weil es per se
    eine höhere Unfallgefährdung (zB Stolperfallen) bietet oder es bei Zeitverzug u.U. zu weiteren Personenschäden kommen kann (zB verzögerte techn. Rettung eines Eingeklemmten, Absturz, Umsturz von Material)


    Mein "Problem" mit diesen Tüftelein:


    Im medizinischen Bereich darfst du als Anwender eigentlich gar nichts:
    Wenn du den Tubus mit einer Mullbinde fixierst dann hast du die Mullbinde zweckentfremdet,
    damit selbst ein neues Medizinprodukt hergestellt und wenn deswegen der Tubus rausrutscht, bist du (als "Hersteller") dran.


    Du darfst eine Spritzenpumpe auch nicht dazu benutzen um Sondenkost zu fördern etc.


    Alles ist explizit geregelt was wann und wofür benutzt werden darf.
    Alles andere ist verboten bzw wenn es nicht vom Hersteller dafür freigegeben wurde, geschied es auf eigene Gefahr und Haftung.
    (etwas übertrieben aber so ist es)



    So, und bei der Feuerwehr darf jeder Anwender der eine gute Idee hat, irgendwas entwerfen und anwenden ?
    Es muss vielleicht noch von der jeweiligen Wehrführung abgenickt werden aber dann darf es (lokal) benutzt werden ?


    kein "TÜV" oder eine andere Instanz die da noch was zu sagen hat ?


    Beispiel: jemand entwirft ein System eine Mauer abzustützen.
    Was ist, wenn die Mauer dennoch einstürzt und einen Kameraden oder einen Patienten verletzt / tötet ?
    Wer zahlt ?
    wer hat "Schuld" ?
    Immerhin wurde mit einer Vorrichtung gearbeitet die uU nirgends geprüft oder getestet wurde,
    sondern einfach aus gutem Willen heraus geboren wurde,
    obwohl es auf dem Markt längst kaufbare Lösungen dafür gibt.


    Wird Tüftelei also innerhalb der Feuerwehr eher geduldet als anderswo ?


    Wie gesagt, ich will keinem ans Bein pinkeln, mich wundert sowas nur, in unserem schönem Land,
    wo es doch sonst für alles Normen, Gesetze und Verbote gibt.

    es gibt immer einen Idioten der einem die Tour versaut !
    genau Einen !

  • Hallo,



    In einem Magazin von und für die Feuerwehr :)
    las ich von Tüfeleien die im Einsatz helfen sollen.
    Teilweise geht es dabei auch um Dinge, die bei technischen Hilfeleistungen behilflich sein sollen.


    Mir kommt da z.B. Seite 86 im FW-Magazin 7/2011 in den Sinn - dort geht es um selbstgebaute Unterbaustützen


    Zitat


    So, und bei der Feuerwehr darf jeder Anwender der eine gute Idee hat, irgendwas entwerfen und anwenden ?
    Es muss vielleicht noch von der jeweiligen Wehrführung abgenickt werden aber dann darf es (lokal) benutzt werden ?
    kein "TÜV" oder eine andere Instanz die da noch was zu sagen hat ?


    Machen und Bauen darf Jeder. Gerade bei der Feuerwehr lebt man sehr oft von und mit irgendwelchen improvisierten Dingen, die in keinem Lehrbuch und in keiner Norm stehen. Oft werden auch Praktiken und Geräte eingesetzt, die in anderen Bereichen (Bau, Holzwirtschaft, Maschinenbau etc.) ihre Verwendung finden und dort auch üblich sind.


    Solange nix passiert, ist das auch kein Problem, aber wenn, dann beginnt auch hier die Suche nach der Schuldfrage. Wer hat das "gebaut", wer hat erlaubt, es im Einsatz zu verwenden und wer haftet nun dafür, dass damit/dadurch z.B. eine Person verletzt wurde? Wurde die "Tüftelei" nach allen anerkannten Regeln der Technik gebaut? (z.B. Festigkeitswerte von Stahl etc.)


    Um bei den Unterbaustützen zu bleiben (die vermutlich Auslöser für den Beitrag waren?) - die sehen praktisch aus (=Grundplatte, Gewindemuffe, Gewindestange, Auflageplatte mit Gummi). Aber auf Anhieb fehlt mir auf den Fotos und im Bericht z.B. eine Markierung, bis wohin die Stützen ausgezogen werden dürfen. Jedem technsich versiertem Menschen dürfte klar sein, dass 0,5-1 verbleibende Gewindegänge keine sichere Stabilität gegen Scherbewegungen mehr darstellen - auch nicht bei M36-Schrauben. Ein prof. Hersteller würde hier auf jeden Fall entspr. Markierungen anbringen oder das Herausdrehen über eine bestimmte Grenze verhindern.


    "Basteleien" sind aber auch notwendig um die Entwicklung von Geräten zu ermöglichen bzw. zu fördern. Ohne entsprechende Tüftler aus der Praxis gäbe es einige technische Dinge bei/für FW und RD garnicht.

  • Bingo .... alles richtig,
    inkl. Aufhänger für diesen Thread und die Frage "wie weit eigentlich ...."


    Aber ich will ja keine konkrete Idee vertäufeln,
    darum wollte ich die Frage allgemein halten.


    Und ja: die Feuerwehr lebt vom Tüfteln,
    aber das tun zB Osteuropäer :pleased: , RDler, Ärzte und Krankenpflegepersonal auch,
    und doch sind dem Tüfteln dort enge Grenzen gesetzt.


    Und gerade wenn zB ein FM etwas entworfen hat was später einem anderen auf den Fuß fällt,
    wird irgendjemand irgendwas zahlen müssen, und wer wird das dann sein ?


    Der FM ? dann wird es keine Innovationen aus der Basis mehr geben weil niemand für seine gute Idee uU in Regress genommen werden möchte,
    die FUK ? dann müsste sie wissen wofür sie gerade steht und es "abnehmen" lassen

    es gibt immer einen Idioten der einem die Tour versaut !
    genau Einen !

  • Hallo,



    Und gerade wenn zB ein FM etwas entworfen hat was später einem anderen auf den Fuß fällt,
    wird irgendjemand irgendwas zahlen müssen, und wer wird das dann sein ?


    Erste Adresse ist der "Hersteller", klar. Wenn ich ein spaciges Vogelhaus baue und mit einem 2m-Mast an meinen Zaun binde und dann das Ganze umfällt und einen Passaten trifft, bin ich ja auch als "Erbauer" dran.


    Bei Behörden und damit im Prinzip auch der FW gibt es i.d.R. immer einen "Oberen", der irgendetwas genehmigen muss. Dann hat der den Schwarzen Peter, wenn etwas schiefgeht. Ist irgendetwas nicht "von oben abgesegnet", dann bleibt die A-Karte beim Erbauer/Erfinder des Ganzen.


    Zitat


    Der FM ? dann wird es keine Innovationen aus der Basis mehr geben weil niemand für seine gute Idee uU in Regress genommen werden möchte,
    die FUK ? dann müsste sie wissen wofür sie gerade steht und es "abnehmen" lassen


    "du bist Deutschland" ;) und damit leider oder zum Glück auch Teil eines z.T. unübersichtlichen Regelwerks von Vorschriften, Normen, Gesetzen usw.


    Sehen wir den konkrete Fall "Unterbaustützen" doch mal aus anderer Sicht: Du bist ein FW-Mann, der an eine derart unterbauten Auto arbeitet. Das Teil gibt nach, das Auto fällt dir auf den Fuss - leider zu weit oben, d.h. die Schutzkappe in deinem Stiefel wirkt dort nicht mehr. Mittelfussbruch, längerer Ausfall, OP, Reha, ggf. lebenslange Behinderung/Einschränkung. Jetzt willst du natürlich von "irgendjemanden" Schadensersatz erhalten. Die Suche nach dem Schuldigen (der dir dann deine Kosten/Schaden ersetzt) könnte schwierig werden. Im Idealfdall bekommst du Geld von der Unfallkasse der FW/Gemeinde und wie sich die dann schadlos hält, ist nicht mehr dein Problem. Mit etwas Pech verweist die Unfallkassen an den Verursacher, also in diesem Fall an die Person, die die mangelhaften Unterbaustützen gefertigt und in den Verkehr gebracht hat. Und da kann es dann dauern, bis du zu deinem Recht (=Geld) kommst.


    Bist DU Hersteller der Unterbaustützen, kannst du auch nie sicher sein, stets frei von irgendwelchen Regressansprüchen zu bleiben. Selbst wenn "der Kommandant" die Dinger genehmigt hat - im Extremfall wird der sich darauf hinausreden, dass DU ja der Fachmann bist (weil im Hauptberuf Schlosser, Maschinenbauer etc.) und er sich bei der Genehmigung zur Nutzung der Teile auf deine Fachexpertise verlassen hat.


    Das ist schon ein bischen "typisch deutsch", und als Erfinder wird man das wohl nie ganz verstehen können (Innovation, tatsächlicher, praktischer Nutzen usw.), aber als Geschädigter (s.o.) sieht man das auch sicher mit anderen Augen.....

  • Im medizinischen Bereich darfst du als Anwender eigentlich gar nichts: ... Alles ist explizit geregelt was wann und wofür benutzt werden darf. Alles andere ist verboten bzw wenn es nicht vom Hersteller dafür freigegeben wurde, geschied es auf eigene Gefahr und Haftung.
    ...
    So, und bei der Feuerwehr darf jeder Anwender der eine gute Idee hat, irgendwas entwerfen und anwenden ?
    Es muss vielleicht noch von der jeweiligen Wehrführung abgenickt werden aber dann darf es (lokal) benutzt werden ?


    Alle Produkte, die in Verkehr gebracht werden - dazu gehören auch derartige "Arbeitshilfen", mit denen dann die Kammeraden arbeiten - müssen den in Europa geltenden EU-Bestimmungen entsprechen. Diese Bestimmungen werden in Deutschland durch das Geräte-und Produktesicherheitsgesetz und die zugehörigen Verordnungen in nationales Recht umgesetzt.
    Heisst, in allen gewerblichen oder gleichgearteten Bereichen, also auch in der Feuerwehr und in den Hiorgs, sind bei Eigenbauten diese Bestimmungen (nennt sich auch Stand der Technik) einzuhalten.
    (Wird interessant bei Eigenausbauten von Fahrzeugen ...)



    Solange nix passiert, ist das auch kein Problem, aber wenn, dann beginnt auch hier die Suche nach der Schuldfrage. Wer hat das "gebaut", wer hat erlaubt, es im Einsatz zu verwenden und wer haftet nun dafür, dass damit/dadurch z.B. eine Person verletzt wurde? Wurde die "Tüftelei" nach allen anerkannten Regeln der Technik gebaut? (z.B. Festigkeitswerte von Stahl etc.)


    Soweit korrekt. (siehe Absatz vorher) ... oder anders gesagt, du darfst alles, wenn du jemanden hast, der die Verantwortung und die Haftung übernimmt und im Schadenfall den Geldbeutel aufmacht.
    Mit diesem netten kleinen Heftchen hier sollte sich mal so mancher Verantwortliche in den Feuerwehren und in den HiOrgs etwas intensiver beschäftigen.



    Sehen wir den konkrete Fall "Unterbaustützen" doch mal aus anderer Sicht: Du bist ein FW-Mann, der an eine derart unterbauten Auto arbeitet. Das Teil gibt nach, das Auto fällt dir auf den Fuss - leider zu weit oben, d.h. die Schutzkappe in deinem Stiefel wirkt dort nicht mehr. Mittelfussbruch, längerer Ausfall, OP, Reha, ggf. lebenslange Behinderung/Einschränkung. Jetzt willst du natürlich von "irgendjemanden" Schadensersatz erhalten. Die Suche nach dem Schuldigen (der dir dann deine Kosten/Schaden ersetzt) könnte schwierig werden. Im Idealfdall bekommst du Geld von der Unfallkasse der FW/Gemeinde und wie sich die dann schadlos hält, ist nicht mehr dein Problem. Mit etwas Pech verweist die Unfallkassen an den Verursacher, also in diesem Fall an die Person, die die mangelhaften Unterbaustützen gefertigt und in den Verkehr gebracht hat. Und da kann es dann dauern, bis du zu deinem Recht (=Geld) kommst.


    ähmmm ... sorry. Stimmt nicht ganz.
    Wenn dir als Feuerwehrmann oder als HiOrg-Mitarbeiter (oder als "Beschäftigtem Arbeitnehmer") bei einer "versicherten Tätigkeit" ein Unfall passiert, der seine wesentliche Ursache in der versicherten Tätigkeit hat, handelt es sich um einen Arbeitsunfall und somit um einen Versicherungsfall nach SGB VII. Du wirst also als Geschädigter alle notwendigen (Sach- und Geld-)Leistungen von dem zuständigen Unfallversicherungsträger bekommen. Dieser wird allerdings im Rahmen der Beschränkungen des SGB VII (§ 104 ff) zusehen, das er einen "Schuldigen" findet, den er aufgrund grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Handeln ggf. in Regress nehmen kann.


    Dein "Schmerzensgeld" musst du allerdings weiterhin auf dem Zivilweg einklagen, das zahlt der Unfallversicherer nicht.
    (näheres dazu siehe z.B. hier und diese Unterlagen auf http://www.arbeitsschutz-im-ehrenamt.de)
    .

    Grüße, S.O.

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