Eigenschutz im Rettungsdienst / Sanitätsdienst

  • So, leute, hier mal ein Thema, welches mich seit meinem letzten Einsatz beschäftigt. Was machen wir, wenn ein Patient aggresiv ist/wird und auf uns losgeht? Ich habe mich ein bisschen umgehört und als Lösungsmöglichkeiten von Eigenbewaffnung bishin zu einem Karatekurs zur Selbstverteidigung, dass wir im Falle eines Falles den Patienten fertigzumachen, etliche Möglichkeiten gehört; von den beiden genannten halte ich persönlich nichts, da diese mit Sicherheit zu einer entgültigen Eskalation der Situation führen.


    Was ist eure persönliche Meinung dazu? Was habt ihr für Methoden/Lösungsmöglichkeiten für einen solchen Ernstfall?



    Lieben Gruß aus Nürnberg:


    Thomas Kaiser

  • * Rückzug


    * und mit Nachdruck die Polizei nachfordern denn


    * die werden dem Klienten gegenüber schon ordentlich argumentieren


    * ausserdem macht sich schlagendes RD-Personal immer schlecht.
    Es wird von RD-Personal erwartet dass es sich bewußt ist, in welche Situationen es geraten kann,
    mit welchen Klienten es zu tun haben kann,
    und es wird auch erwartet, dass besonnen gehandelt und weiterer Schaden für den Klienten ("Garantanstellung" ...) abgewendet wird.


    Alles in allem wirft schlagendes RD-Personal erstmal immer Fragen auf (ist in der Krankenpflege nicht anders) und man weiß nie, wie man im Nachhinein von irgendwelchen Rechtsverdrehern zerflückt wird.


    Man Ende ist man um eine Abmahnung reicher - oder gar Geld, Freizeit (selten), Job oder Zulassung los ...



    ... ne ne; dann lieber für so einen Idioten nicht den Helden markieren und dafür den eigenen sozialen Status erhalten.


    Wenn der Klient auch noch besoffen ist oder unter Drogen oder Schock steht, haste eh ganz schlechte Karten wenn du im den Arm brichst ... also lass es lieber.


    Richtige echte und reine Notwehr ist was ganz anderes, aber an Notwehr werden auch ganz enge Anforderungen gestellt (die im Nachhinein auch genau beleuchtet werden !) ...


    ..also: ich bleibe dabei: Rückzug - und kloppen sollen die, die es dürfen !

    es gibt immer einen Idioten der einem die Tour versaut !
    genau Einen !

  • Angriff abwehren, sich umgehend der Situation entziehen (wenn es denn möglich ist) und die Pol nachfordern. Bei uns gibt es für diesen Fall sogar ein Codewort, falls man direkt bedroht wird.

  • Guten Morgen,

    Zitat

    Original von Tomamos
    Was machen wir, wenn ein Patient aggresiv ist/wird und auf uns losgeht?

    ein grundsätzlich sehr heikles Thema ...

    Zitat

    Original von Tomamos
    Ich habe mich ein bisschen umgehört und als Lösungsmöglichkeiten von Eigenbewaffnung bishin zu einem Karatekurs zur Selbstverteidigung, dass wir im Falle eines Falles den Patienten fertigzumachen, etliche Möglichkeiten gehört; von den beiden genannten halte ich persönlich nichts, da diese mit Sicherheit zu einer entgültigen Eskalation der Situation führen.

    Selbstbewaffnung, und sei es nur mit Pfefferspray, ist in meinen Augen definitiv die falsche Lösung ...


    Einerseits steht der Rettungsdienst aber auch der Sanitätsdienst in einer Garantenstellung, die beim Einsatz dieser Mittel mit Berücksichtigung finden wird und andererseits, die Situation wird dadurch sicher nicht verbessert ... eher steht man dann inmitten einer Gruppe wütender Freunde und Bekannte, die bessere Argumente haben.

    Zitat

    Original von Tomamos
    Was habt ihr für Methoden/Lösungsmöglichkeiten für einen solchen Ernstfall?

    Nun ... eigentlich ganz einfach ....


    Einen mehr oder weniger geordneten Rückzug und Nachforderung der Polizei unter Hinweis auf Eigenbedrohung. Die Polizei wird dann dem oder den aggressiven Patienten schon sagen, wer Recht hat ;)


    Und die Polizei darf das sogar .... :-))


    Mir sind Kollegen, die sich mit dem Vorwand der hohen Gefahr selbst bewaffnen immer sehr suspekt ... aus eigener Erfahrung (und das betrifft nur wenige Kollegen) sind das auch die, die auch gerne mal aktiv auf andere losgehen ... sei es verbal, handgreiflich oder mir Anzeigen bei der Polizei ...


    Viele Grüße
    Tobias

  • Wie war das noch mit der Nachforderung des "NAW 110"? :zwinker:


    Nein, im Ernst. Ich habe letzten Oktober beim DRK in Hamburg ein Seminar mit dem Titel "Defensivtraining für Einsatzkräfte" besucht. Ausgerichtet war das Seminar auf Helfer und Führungskräfte im Sanitätsdienst, die bei (Groß-)Veranstaltungen ja immer mehr mit alkoholisiertem und aggressivem Besucherpotential zu tun haben. Gleichwohl waren viele Kollegen aus dem Hauptamt da, die solche Infos bisher auch vermisst haben.


    Ich kann nur empfehlen, bei eueren Arbeitgebern / HiOrgs nach solchen Angeboten zu fragen...


    Inhalte des zweitägigen Seminars:


    • psychologische Gesprächsführung / Erkennen und verbales Entschärfen von Situationen
    • rechtliche Aspekte: was dürfen wir, wo ist Schluß, was dürfen andere
    • praktische Aspekte: Wing Tsun als "Straßenkampfsportart" für unsere Verteidigung, Einsatz eines (Notfall-)Rucksacks zur Verteidigung etc.


    Meines Erachtens sind in heutigen Zeiten die Arbeitgeber bzw. die HiOrgs in denen wir tätig sind verstärkt in der Pflicht, so etwas anzubieten, die Zeiten haben sich geändert. Wo Aggressivität ggü. "roten Jacken" lange Zeit eher die Ausnahme war, wird diese heute oft zur Regel...

  • Zitat

    Original von kellern
    * Rückzug


    ...soweit das möglich ist, ist das natürlich das Mittel der "ersten Wahl"


    Zitat

    * und mit Nachdruck die Polizei nachfordern denn


    Ich denke das sollte ein Selbstgänger sein, unabhängig davon ob man die Pol letztendlich "wirklich" benötigt oder nicht.
    Oftmals ist schon die alleinige Nachforderung bzw. das Erscheinen der Pol an der Einsatzstelle eine kompetent durchgeführte Eigensicherung und Prävention.


    Zitat

    * ausserdem macht sich schlagendes RD-Personal immer schlecht.
    Es wird von RD-Personal erwartet dass es sich bewußt ist, in welche Situationen es geraten kann, mit welchen Klienten es zu tun haben kann,
    und es wird auch erwartet, dass besonnen gehandelt und weiterer Schaden für den Klienten ("Garantanstellung" ...) abgewendet wird.


    Als erstes muß man hier GANZ deutlich unterscheiden zwischen "prügeln" und Eigensicherung/Verteidigung.
    Kein in Deutschland gültiges Gesetz sagt das man sich angreifen lassen muß, denn in disem Fall ist die Garantenstellung eindeutig raus.


    Was ist überhaupt eine Garantenstellung?


    Eine so genannte Garantenstellung leitet sich aus dem §13 I StGB ab. In diesem Paragraphen wird das Unterlassen einem Tun gleichgestellt... also kommt die Garantenstellung durch das Unterlassen einer Maßnahme zum tragen und ist rechtlich sehr eng gefasst.



    Zitat

    ...von irgendwelchen Rechtsverdrehern zerflückt wird.


    Man Ende ist man um eine Abmahnung reicher - oder gar Geld, Freizeit (selten), Job oder Zulassung los ...


    Hier macht der Gesetzgeber KEINEN Unterschied zwischen RD/San-Personal und Privatleuten, wenn die Maßnahme (Eigensicherung) fundiert begründet und innerhalb der Verhältnismäßigkeit der Mittel liegt hat niemand etwas zu befürchten.


    Ferner ist mir kein Fall bekannt wo eine Abmahnung, aus der Begründung einer gerechtfertigten Eigensicherungsmaßnahme, arbeitsrechtlich Bestand gehabt hat. Nur darf man dann logischerweise die Abmahnung nicht anerkennen und muß sein Veto auch schriftlich in der Personalakte hinterlegen - dann wird der Dienstherr/Arbeitgeber meistens schon extrem ruhiger weil er genau weiß was die Stunde nun geschlagen hat => Arbeitsgericht.

  • Mahlzeit,

    Zitat

    Original von Pille112
    Als erstes muß man hier GANZ deutlich unterscheiden zwischen "prügeln" und Eigensicherung/Verteidigung.

    stimmt ... Du hast da sicherlich vollkommen Recht. Aber unsere so beliebte Tageszeitung mit den 4 Buchstaben wird es definitiv nicht interessieren, ob die Prügelbilder bei einem Angriff oder einer Verteidigung entstanden sind ...


    Und das wird dann das große Problem werden ...


    Viele Grüße
    Tobias


  • Die Redakteure von dieser bestimmten Zeitung übertreiben normalerweise immer. Wenn es denn z.B. in einer rennomierten regionalen Tageszeitung heißt "Ehemann hat Frau stolpern lassen - Frau leicht verletzt - Hilfeleistung vom Ehemann unterlassen", dann kommt diese Zeitung gerne mal schnell her und schreibt "Ehefrau zu tode verprügelt! - Frau wurde mit der Pfanne rücklings erschlagen und stolpern gelassen, danach auf sie eingeprügelt - Frau liegt schwer verletzt im Krankenhaus". Ein riesen unterschied... Und wenn es heißt "Leute, ihr erfindet Geschichten oder dramatisiert Geschehnisse auf ein fünffaches!", dann heißt es von denen "Der Kerngedanke ist aber doch immer noch der gleiche!". :kaputtlach:


    Naja, zum eigentlichen Thema: dieser Fall, der mir zu Denken gegeben hat, war schulintern, bei dem ich als schulinterner Sanitäter vor Ort war. Ich breche mal die Schweigepflicht, der ich eigentlich unterliege, also bitte verratet mich nicht... :zwinker: Es war eigentlich eine Kleinigkeit, ein Schüler hat sich beim Schulsport eine Prellung am rechten Unterarm zugezogen. Bei Ankunft hat er uns sofort klargemacht, dass er ein Schmerzmittel haben will, aber sonst sollten wir nichts machen. Natürlich können wir dies nicht machen, denn wir dins keine Notärzte, also haben wir ihm dies klargemacht und haben ihm gesagt, dass wir ihm anderweitig helfen könnten, indem wir die Prellung mit einer Salbe für solche Sportverletzungen (wie des Zeug heißt, kann ich mir einfach nicht merken ^^) einschmieren. Er hat jedoch weiterhin darauf bestanden, dass er ein Schmerzmittel bekommt. Nachdem wir ihm ein zweites Mal klar machten, dass wir dies nicht tun können und dürfen, ist er ausgerastet und auf uns losgegangen. Der Sportlehrer hat versucht, ihn abzufangen, jedoch erfolgslos. Er fing an, mit allem herumzuwerfen, was sich in seiner nähe Befand.


    DAS war der Moment, an dem wir etwas unternehmen mussten, nur was? Selbstverständlich haben wir uns alle zurückgezogen, alle Schüler sind in die Umkleiden gegangen, wir mit dem Sportlehrer ins Sportlehrerzimmer, nur wie sollten die weiteren Maßnahmen aussehen? Sofort die Polizei rufen? Immerhin waren wir "nur" in der Schule. Den Direx verständigen, dass er ein Disziplinarverfahren androht? Einfach abwarten, bis er sich ausgepowert hat?


    Was wir getan haben, war, den Direktor zu verständigen, ihm war das ganze aber zu blöd und er hat sofort die Polizei hinzugezogen, die dann mit vollem Körpereinsatz den Patienten abgefangen und den Notarzt nachalarmiert hat, um ein Beruhigungsmittel zu spritzen, weil er immer noch voll aufgebracht war. Auch hat die Polizei die Eltern benachrichtigt über die Situation und noch einen Rettungswagen zum Abtransport geordert. Einige von uns Schulsanis verurteilen diese Vorgehensweise, einige finden diese als richtig, wieder andere, und zu denen gehöre ich, sind sich nach wie vor unsicher.


    Wenn ihr jetzt in Anbetracht diesem gesamten Herganges und der Situation hättet Hadeln müssen, was hättet ihr getan?

  • Nun ...


    ich denke, Ihr habt im Rahmen Euerer Möglichkeiten gehandelt ...


    Der Direktor als für diese Schule verantwortliche Person ist hinzugezogen worden und hat die Entscheidung getroffen, die Polizei hinzuzuziehen.


    In meinen Augen eine absolut verständliche Entscheidung, da hier das Wohl der Mehrheit vor dem Wohl des einzelnen steht.


    Und ... da der Patient noch in der Lage war mit Dingen um sich zuwerfen, kann die Verletzung nicht so schlimm gewesen sein ...


    Scheinbar liegt das Problem bei diesem Schüler an eienr anderen Stelle als der Wunsch nach einem Schmerzmittel ...


    Viele Grüße
    Tobias

  • Also erst mal muß ich sagen ihr habt richtig gehandelt und euer Direx hat auch das einzig vernünftige getan . So wird auf der anderen Seite auch gezeigt , daß solche Faxen nicht geduldet werden . Die von euch , die der gegenteiligen Meinung waren sollten sich mal die rechtliche Situation des Vorgehens erklären lassen und nicht nur herummeckern . Was hätten sie denn an eurer Stelle getan ? Mitgeprügelt ? Ich habe bisher so gut wie immer die Möglichkit gehabt durch Gespräche und ohne Gewalt die Situation in den Griff zu bekommen , ansonsten Rückzug und Polizei ! Und wenn der Pat. im Auto randaliert nächste Möglichkeit anhalten und Tür auf . Dann soll er sich draußen austoben . Deine Einstellung ist vernünftig und sollte auch so bleiben . Euer Pat. hat entweder ein Problem mit anderen Menschen oder ein Anderes Problem mit sich selbst und das soll nicht euer Problem sein .

  • Zitat

    Original von Pille112Hier macht der Gesetzgeber KEINEN Unterschied zwischen RD/San-Personal und Privatleuten, wenn die Maßnahme (Eigensicherung) fundiert begründet und innerhalb der Verhältnismäßigkeit der Mittel liegt hat niemand etwas zu befürchten.


    da sagste es doch selber ... fundiert ... begründet ... Verhältnismässig ...



    -> überlegst du dir das alles erst, bevor du zur Notwehr greifst ?


    Kannst du gar nicht, weil du die Notwehr unmittelbar und kurzfristig ausüben musst...


    Irgendeiner findet sich am Ende immer der dir sagt, du hättest problemlos auch anders reagieren können.

    es gibt immer einen Idioten der einem die Tour versaut !
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  • Ich hatte erst im letzten Monat eine Fortbildung, sozusagen Straf- und Zivilrecht für Gesund-heitsfachberufe.


    Dort wurde u.a. ganz klar gesagt dass an Notwehr sowieso schon ganz enge Bedingungen ge-knüpft ist und Notwehr, in Gesundheitsberufen, fast nicht vorkommt.


    Wer in solchen Jobs tätig ist, der muss wissen, worauf er sich einlässt. Man muss eine höhere Toleranz haben, man muss sich einfach mehr gefallen lassen. Zwar in Grenzen; aber du musst dich beschimpfen, bespucken oder „antätscheln“ lassen, was sich der Normalbürger auf der Straße nicht bieten lassen muss. Analog dazu musst du dir auch etwas mehr Gewalt gefallen lassen.


    Natürlich sage auch ich „lieber blutet der Kunde als ich“ aber man muss diese Schwelle ma-ximal hoch ansetzen, und zwar dorthin, wo fast schon die eigene Oberhaut angeritzt ist.


    Denn Du als Gesundheitsdienstleister bist Profi; alle machen ja immer einen auf Rettungs-rambo, Intubationsprofi, Ofenrohrverleger - eben auf „Superkompetent“. Und genau diese Kompetenz wird in diesem Fall von dir eingefordert. Die rechtliche Komponente gehört zum Job genau wie die Stabilisierung der Vitalzeichen oder fachgerechte Rettung. Nur das „Recht“ kommt in Ausbildung und Alltag zu kurz, darum ist es nicht jedem bewußt. Wahrscheinlich wird im RD auch noch nicht soviel verklagt, wie im Spital.


    Und hinterher, wenn Patient oder Angehörige bei der StA eine Anzeige machen weil eine hässliche Narbe von der Notwehr zurück geblieben ist, dann heisst es wahrscheinlich dass der Kunde unter extremer psychischer Belastung, Drogen, Alkohol oder Schock stand; senil war oder sonstwie unzurechnungsfähig. DU als RA/RS aber völlig klar warst und besonnen, über-legt und ungeblendet hättest handeln können und dass du eben nicht reflexartig den Defi hät-test hochreissen dürfen, gegen den der Kunde dann unglücklich gegengelaufen ist ...


    Probier doch mal einen Kunden wegen Beleidigung oder Körperverletzung zu verklagen. Je-der gute Anwalt wird etwas finden, was dem Prüfungsschema nicht stand hält und der Kunde straffrei davon kommt.


    Und ja, Abmahnungen hat es schon gegeben. Zumindest im Pflegebreich wenn Pflegepersonal meinte sich nicht alles gefallen lassen zu müssen oder um Maßnahmen durchzusetzen. Im Ex-tremfall wird sogar gekündigt. Und das Recht ist überall gleich, das gilt auch für den RD.


    Und es gibt keinen Gesundheitsbenus im Recht. Wenn du Glück hast, wird an entsprechenden Stellen wohlwollend entschieden, aber man kann sich nicht drauf verlassen.

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  • Ich finde den Artikel wirklich interessant, das würde dann heißen:


    1. Artikel 3 Abs. 1 GG (Grundgesetz) wird durch ein niederrangiges Gesetz ausgehebelt - kann ich kaum glauben.


    2. Die Rahmenbedingungen zum Notwehr- und Nothilfegesetz sind kürzlich geändert worden - ist mir noch nicht bekannt.


    3. beschimpfen, bespucken oder „antätscheln“ erfüllen die Tatbestände 1) der Beleidigung (§185 StGB) und Körperverletzung (223 I StGB)


    4. extreme psychische Belastung, Drogen, Alkohol oder Schock - können sich strafmindernd auswirken sind aber auf keinen Fall auf der Grundlage eines Gesetzes straffrei bzw. verfolgungsfrei zu stellen


    5. Abmahnung/Kündigung - Jeder der eine nicht gerechtfertigte Abmahnung und/oder Kündigung anerkennt und sich nicht dagegen wehrt hat es, ehrlich gesagt, nicht besser verdient.


    Hier mal etwas zum Thema ungerechtfertigte Abmahnung


    Zitat

    Arbeitnehmer, die von ihrem Chef ungerechtfertigt abgemahnt wurden, haben einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts München besteht aber kein darüber hinausgehender Widerrufs- beziehungsweise Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber (Aktenzeichen: 6a Ca 8027/99). Damit setzt sich das Gericht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, das im Jahre 1986 neben dem Entfernungs- auch einen Rücknahmeanspruch anerkannt hatte. Die Münchener Richter verweisen in ihrer Urteilsbegründung stattdessen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte entschieden, dass gegen eine Behauptung, die der Rechtsverfolgung diene, Widerrufsansprüche grundsätzlich unzulässig seien. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass auf den Ablauf eines gerichtlichen Verfahrens nicht dadurch Einfluss genommen werden darf, dass ein an dem Verfahren Beteiligter durch Unterlassung- oder Widerrufsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt wird. Mit der Abmahnung nehme der Arbeitgeber sein vertragliches Rügerecht wahr. Gleichzeitig schaffe er mit der Abmahnung die von der Rechtsprechung bei verhaltensbedingten Kündigungen im Regelfall geforderte Voraussetzung einer erfolglosen Abmahnung. Damit handele es sich bei der Abmahnung um eine Behauptung, die zwingend zur Rechtsverfolgung in einem möglichen späteren Kündigungsschutzverfahren diene, so die Münchener Richter.


    6. Und das Recht ist überall gleich, das gilt auch für den RD. - und genau mit diesem Satz fühst Du ALLE getroffenen Aussagen ad absurdum


    Ich weiß zwar nicht welcher hochdotierte Rechtsexperte Euch/Dir diese Fortbildung gegeben hat, aber ich halte das für "gequirlte Hühnerka..." - obwohl ich mich eigentlich nicht zu solchen Ausdrücken hinreißen lasse da ich selber Fortbildungen zum Thema Rechtskunde im Sanitäts- und Rettungsdienst halte.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von kellern
    Zwar in Grenzen; aber du musst dich beschimpfen, bespucken oder „antätscheln“ lassen, was sich der Normalbürger auf der Straße nicht bieten lassen muss. Analog dazu musst du dir auch etwas mehr Gewalt gefallen lassen.


    Beim besten Willen: Das kann ich nicht glauben, das ist ja lachhaft. Nur weil ich beim RD bin, können die Leute jetzt ungestraft ihren Frust an mir auslassen? Und da soll ich dann auch noch die zweite Wange hinhalten oder was?


    Wenn ich im Dienst angegriffen werde, habe ich das Recht mich angemessen zu wehren. Wenn ich angespuckt werde und demjenigen mit voller Wucht eine schaller, dann werde ich wahrscheinlich verknackt, aber jeder Privatmensch auch, weil es einfach unangemessen ist.


    Wenn ich angegriffen werde und mich zum Selbstschutz wehre und der Angreifer sich dabei was tut, dann werde ich sicher nicht dafür verknackt - zumindest nicht bei einem Richter, der halbwegs bei sich ist, ist ja aber auch keine Normalität mehr...


    Wenn ich angegriffen werde und daraufhin den Angreifer aktiv vermöbel und der tut sich was dabei, bekomme ich sicher wegen unangemessener Gewaltanwendung eins auf den Deckel - beruflich wie privat...


    Was anderes ist es vom Strafmaß sicherlich, wenn die Personen aus irgendeinem Grund nicht zurechenbar sind, das ist dann aber im Privaten auch nicht anders, bloß dass wir mehr mit solchen Leuten in Kontakt kommen. Ein Freifahrtschein in irgendeiner Art ist das aber noch lange nicht.

    Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

  • ...und wenn ich dann noch höre, dass es Leute gibt die sowas als allgemein gültige Rechtsauffassung verkaufen, springt mir wirklich der Draht aus der Mütze.

  • ja ja ..... ihr Rechtsexperten ....


    ... dann drösel ich euch das mal auf:


    Das strafrechtliche Prüfungsschema:


    (Beispiel: Besoffener schlägt RA)


    a: Vorprüfung:
    es muss ein menschliches Verhalten sein dass aus Tun oder Unterlassen besteht (hier also "Tun": schlagen tun)


    und bei dem Tun oder Unterlassen muss es sich um ein willensbeherschtes Verhalten handeln (willensbeherscht ... wollte der Besoffene das wirklich ?)


    b: Tatbestand
    klar, die KV durch Handlung, Erfolg, Kausalität und Zurechenbarkeit
    = (hat geschlagen, das hat verletzt, ohne Schlag gäbe es keine Verletzung, solch ein Schlag setzt typischerweise solche Verletzungen)


    c: Rechtswidrigkeit
    liegen z.B. Rechtfertigungsgründe vor ?
    (nein, weder Einwilligung des RA, noch Notwehr des Angreifers, kein rechtfertigender Notstand, erst Recht liegt kein richterlicher Beschluß für den Schlag gegen den RA vor, auch kein Notstand)


    d: Schuld
    War der Täter in der Lage das Unrecht einzusehen ?
    (schwierig, beim Besoffenen, kommt auf die Promille und sein Bewustsein an)
    Besteht Schuldfähigkeit ? (kann per se durch Alkohol oder Drogen eingeschränkt sein)


    so, und bei Punkt d: liegt hier spätestens der Hase im Pfeffer ....


    und sobald ein Punkt des Schemas nicht komplett erfüllt ist, hat man sich strafrechtlich nichts zu schulden kommen lassen.


    Eine Strafminderung greift nur, wenn man sich schuldig gemacht hat, aber mildernde Umstände gewürdigt werden.


    ich zumindest glaube einem/mehreren Juristen da mehr ...


    ... aber ihr seit ja die Tollsten :cheerleader:

    es gibt immer einen Idioten der einem die Tour versaut !
    genau Einen !

    2 Mal editiert, zuletzt von kellern ()

  • Also ...


    jeder Jurist äussert ausschließlich seine eigene Meinung und Einschätzung einer (angenommenen) Sachlage. Die endgültige Entscheidung über einen Sachverhalt wird vor Gericht getroffen und muss (durch den Richter) schriftlich begründet werden.


    Sämtliche Aussagen Juristen sind daher mit Vorsicht zu genießen.


    Ich denke da nur an das hier mal kursierende Skript zum Thema "Räumeinsatz des NEF" ...


    Viele Grüße
    Tobias

  • Da ich beruflich ja auch "ein wenig" was mit Recht und Gesetz und denjenigen, die nicht immer sich 100% an Gesetze halten, zu tun habe, hier mal die Einschränkung, der für uns (Justizvollzug) gilt (und m.E. auch bei Gesundheitsberufen anwendbar sein dürfte):


    Das Notwehrrecht ist nur eingeschränkt anwendbar: Die geschützten Rechtsgüter, die man mit der Notwehr verteidigen darf, sind Leben, körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung, Freiheit und Ehre. Für uns im Dienst fällt die "Verteidigbarkeit der Ehre durch Notwehr" weg - aber mal ehrlich: Wer glaubt denn, dass man im Privatleben die Ehre (die durch eine Beleidigung angegriffen wird) durch einen Angriff auf die körperliche Unversehrtheit (Ohrfeige etc.) wettmachen kann? Was wird da der Richter sagen?


    Des weiteren sind natürlich die Voraussetzungen für die Notwehr (wie in jedem Fall) zu beachten:


    "Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden"


    Hieraus ergeben sich mehrere "Prüfungspunkte":


    - Erforderlich: Wahrung der Verhältnismäßigkeit; also nicht gleich mit dem größten Kaliber losgehen, sondern situationsangemessen agieren. Dazu kann auch das Abdrängen oder das einfache Wegschubsen gehören (was schon als Anwendung einfacher körperlicher Gewalt gesehen wird).
    - Gegenwärtig: Der Angriff muss unmittelbar bevorstehen oder grad im Gange sein; man darf weder "nachtreten" noch darf man ohne ausreichenden Verdacht auf eine Eskalation handeln. Das bedeutet aber nicht, dass man sich erst schlagen lassen muss, bevor man sich wehren darf - das ist eine beliebte Falschaussage über die Notwehr (und leider nicht auszurotten).
    - Rechtswidrig: Es gibt eben auch Leute, die rechtmäßig gewisse Grundrechte einschränken - meist haben die Uniformen an und fahren Autos, die auch hier vorgestellt werden...will heißen, Notwehr gegen rechtmäßige Eingriffe von Polizei und anderen Amtsträgern gibt es nicht


    Ob derjenige, der mich angreift, schuldfähig, eingeschränkt schuldfähig oder schuldunfähig ist, wird allerdings nicht geprüft. Diese Frage beschäftigt Gerichte und Sachverständige oft monatelang, somit ist sie für eine Momententscheidung wie die Frage "Notwehr, ja oder nein?" absolut irrelevant. Von daher hat kellerns strafrechtliches Prüfungsschema keine Relevanz für die Frage nach der Notwehr.


    Interessant ist halt nur immer die Frage, ob das Gericht die erfolgte Gewaltanwendung als ebenso "verhältnismäßig" ansieht wie man selbst. Sicherlich mag ein gezielter Schlag mit dem Ulmer Koffer viele aggressive Kunden zur Räson bringen - aber ob das dann als verhältnismäßig erachtet wird? Besser ist es auf jeden Fall, sich zurückzuziehen und die Hilfe der Polizei abzuwarten, wenn es irgendwie möglich ist.
    Sollte man wirklich in die Lage kommen, sich seiner Haut wehren zu müssen, nützen diese Überlegungen natürlich nicht viel - aber auch hier sollte man versuchen, so wenig Schaden wie möglich anzurichten, bestenfalls nur so viel, dass der Angreifer seinen Angriff abbricht oder dass er eben nicht mehr in der Lage ist, ihn weiterzuführen. Wenn natürlich Lebensgefahr droht, ist es schwierig, da noch abzuwägen, dass stimmt - aber in diesem Fall hat man nachher immer Ärger, entweder mit dem Staatsanwalt oder mit dem Chirurgen...


    PS: Pfefferspray ist in Deutschland für den zivilen Gebrauch nur zur Abwehr aggressiver Tiere zugelassen - ein Einsatz gegen Menschen kann u. U. als illegaler Waffeneinsatz gewertet werden. Ausserdem wirkt dieses "Wundermittel", als das es gerne verkauft wird, des öfteren bei alkohol- oder drogenberauschten Personen sowie bei psychisch gestörten Menschen, die "durchdrehen" oftmals nicht so, wie man es sich erhofft - und ich kenne das aus eigener Erfahrung, da wir legal mit diesem Zeug umgehen dürfen...

  • ehrlich gesagt, habe ich keine Zeit, keine Lust und auch keine Möglichkeit, in meiner Freizeit noch ein Abendstudium Jura zu besuchen.


    Deshalb suche ich, im Zweifelsfall, mein Heil in der Flucht. Schutzmann Schneidig wird´s schon richten. Die Herren mit fundiertem Rechtswissen und den überzeugenden Argumenten sind in solchen Fällen fix zur Stelle.
    Für die Pol bei uns ist es das gleiche ob ein Kollege oder ein Retter in Bedrängniss kommt.

    "Eine Fehlentscheidung auf Anhieb spart immerhin Zeit."
    Helmar Nahr, Mathematiker u. Wirtschaftswissenschaftler

    • Offizieller Beitrag

    Okay, laut kellern brauche ich mir bloss ein wenig den Promillespiegel anheben und schon bin ich strafrechtlich nicht mehr zu belangen?


    Kannst du mir dann bitte erklären, warum der Todesfahrer von Rügen, der besoffen und bekifft vier Menschen tot gefahren hat, trotzdem verknackt wurde? Wenn Punkt d) doch so haarig ist...


    Aber selbst wenn dieser haarige Punkt d) dann tatsächlich mal zum Tragen kommt, weil Patient XY 4,5 Promille und 50 Gramm Koks und 10 Joints intus hatte - wo ist denn da bitte der Unterschied zu einer Privatperson? Wo steht denn bitte geschrieben, dass ich mit dem Überziehen der roten Jacke meine Grundrechte in diesem Bereich abgebe bzw. einschränke?


    Genauso, wie von uns fachmedizinisches Handeln erwartet wird, wird natürlich von uns erwartet, dass wir uns in solchen Ausnahmesituationen angemessen verhalten, aber wir haben keine Ausbildung bezüglich randalierender oder Gewalt ausübender Personen genossen (das wären nämlich die Jungs in grün bzw. blau).


    Und wenn so ein volltrunkener Kerl der Meinung ist, auf mich loszugehen und mir eine zu braten und dann den zum Schutz hoch gerissenen Defi trifft und sich die Mittelhandknochen bricht, dann bist du also der Meinung, dass ich zum Schutz der Gesundheit des Angreifers den Schlag mit der Wange hätte abfangen sollen, auf dass seine Hand nur geprellt und nicht gebrochen wäre?


    chefretter
    Klar, wir machen alle lieber die Düse, aber hier geht es ja mehr um die unvermutet auftretende Konfliktsituation.

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