Tut mir ja leid, dass ich wieder aus meiner Seniorenecke meckern muss. Ich gehe mal davon aus, dass kaum jemand hier einen echten MANV jemals live mitgemacht hat, erst recht nicht als RLS-Disponent. Dabei rechne ich z.B. den Linienbus-VU mit 16 Leichtverletzten oder die Lebensmittelvergiftung im Kinderhort mit 11 betroffenen Personen je nach Ausstattung des jeweiligen RD-Bereiches noch zur "Routine", die mit vorhandenen Rettungsmitteln abgedeckt werden kann und keine Alarmierung zusätzlicher Kräfte erfordert.
Aber ein "echter" MANV? Am Planspieltisch und bei Übungen mag ja alles noch ganz flockig ablaufen und jeder Wunsch nach der Anzahl X an adäquaten Transportmitteln kann zeitnah aus der "SEG-Zauberkiste" erfüllt werden. In der Praxis sieht es ganz anders aus. Erstens ist Oma Müller Dein MANV schietegal, sie kriegt gerade dann ihren Infarkt und braucht den NAW, mit anderen Worten: Dein rettungsdienstliches Tagesgeschäft läuft unverändert weiter und kann nicht vernachlässigt werden. Zweitens kannst Du vielerorts nicht wie früher Krankentransporte zurückstellen und auf etliche KTW zurückgreifen, weil irgendein Amts-Hirnakrobat den KTW die SoSi-Anlagen abmontieren ließ und die Autos (gerade beim Verkehrschaos, das ein MANV mit sich bringt...) genauso im Stau stehen wie der PKW von Hinz und Kunz. Drittens haben die meisten SEGs eine nicht unerhebliche Vorlaufzeit, bis sie tatsächlich am Einsatzort eintreffen. Viertens klappt die Unterstützung durch benachbarte RD-Bereiche nicht immer wie gewünscht, schließlich haben diese ja auch nur eine bestimmte (meist vom gutachterlichen Optimalfall ausgehende...) Anzahl an Rettungsmitteln zur Verfügung und können sich keinen "Ausverkauf" ihres Bereiches leisten. Und fünftens, das lehrt die Praxis, gilt bei solchen Anlässen meistens auch "Murphy's Gesetz", und es kracht gleichzeitig an mehreren Ecken Deines Gebietes.
Fazit: Du kannst bei einem echten MANV nicht wählerisch sein, sondern musst jede verfügbare Transportkapazität fast wahllos bis an ihre Belastungsgrenze ausnutzen. Im Klartext heisst das, dass Du dann auch vier Schwerverletzte in einem KTW 4 nach dem "Load and rush"-Prinzip transportieren wirst, weil Du beim MANV fast alle Erkenntnisse des Regel-Rettungsdienstes über Bord werfen musst. Sonst produzierst Du gleich den nächsten "MANV im MANV"!
War jetzt vielleicht etwas Off Topic, aber zwischen Theorie und Praxis klaffen gerade beim Thema "MANV" riesige Lücken, auch was die aktuell notwendige Verwendung der vorhandenen Rettungsmittel angeht...