• Nachdem Olaf und ich hier inzwischen als die großen Weitwinkelgegner bekannt sind, möchte ich meine Ansicht dazu mal an einem Beispiel belegen. Vor kurzem hatte ich Gelegenheit, ein Fahrzeug einer Nachbarwehr bei einer Übung zu fotografieren. In der Galerie könnt Ihr übrigens die andere Fahrzeugseite und die Daten sehen, nämlich hier:
    http://galerie.bos-fahrzeuge.info/details.php?image_id=13381


    Zunächst etwas Theorie, der Einfachheit halber als Zitate hier aus dem Forum.


    Olaf beginnt:


    Die Sache ist die: früher hat man ja im Kleinbild-Format überwiegend fotografiert. Dabei gibt es die sogenannte Brennweite. Diese legt den Bildwinkel fest. Man sagt, 50 mm entspricht ungefähr dem, was das menschliche Auge sieht. Alles was darunter liegt, wird weitwinklig, was darüber liegt geht dann mehr oder weniger in den Tele-Bereich.


    Bei weitwinkligen Aufnahmen entsteht der Eindruck, daß das Motiv nach hinten weg kippt. Siehe auch die vielen Aufnahmen auf BOS-Fahrzeuge. Zu viel Tele staucht das Motiv. Auf Fahrzeuge bezogen sind 50 bis ca. 100 mm Brennweite optimal.


    Aber: bei Digitalkameras wird in der Regel ein kleinerer Sensor eingebaut. D.h. die Brennweite muß umgerechnet werden. Bei einer DSLR in der Regel 1,5 (der sogenannte CRop-Faktor). D.h. 35 mm an einer DSLR entsprechen bei einem Crop-Faktor von 1,5 ca. 52 mm Brennweite. Bei kleineren Sensoren wie z.B. Canon A95 ist der Faktor größer. (Zitatende Olaf)


    Jetzt zitiere ich mich selber:


    Den Weitwinkeleffekt kannst Du vermeiden, wenn Du entsprechend weit vom Fahrzeug weg gehst und dann das Fahrzeug mit der Kamera heranzoomst.


    Das menschliche Auge hat (wie Olaf schon schrieb) eine Brennweite von etwa 50 bis 55 mm. Deshalb erscheinen uns bei Analogaufnahmen (also Papier und Dia) Bilder als "naturgetreu", die ebenfalls mit dieser Brennweite aufgenommen wurden. Alle alten Kameras (ohne Zoom) hatten eben diese Brennweite.


    Bei Zoomobjektiven muss man es halt von Hand einstellen. Meine Analogkamera ließ ich im Normalfall einfach auf 50mm stehen. Nur wenn es absolut nicht anders ging, nahm ich eine geringere Brennweite. Je geringer sie wurde, des so stärker wurde der Weitwinkeleffekt.


    Leider kann man die Angabe "50" nicht ohne weiteres auf die verschiedenen Objektive digitaler Kameras übertragen. Hier spielen andere Faktoren eine zusätzliche Rolle (siehe Olafs Posting). Bei preiswerten Kameras fehlen häufig auch die Angaben


    Teilweise habe ich parallel Dias und Digitalbilder gemacht, vor allem bei Aufnahmen, bei denen ich Zeit hatte. Dann habe ich meine Analogkamera genommen, mich passend zum Fahrzeug aufgestellt und mit einer Brennweite von 50mm das Foto gemacht. Anschließend habe ich mit der Digitalkamera vom selben Standort aus und mit demselben Bildausschnitt das Digitalfoto gemacht. Bei meiner jetzigen Digitalkamera (Nikon D 50) muss ich dann das Objektiv etwa auf den Wert 35 bis 40 einstellen, damit ich den gleichen Bildausschnitt erhalte. Ergebnisse dieser Einstellungen findet Ihr z.B. hier:
    http://galerie.bos-fahrzeuge.info/details.php?image_id=8362 (ältere Nikon- Digitalkamera ohne Angaben auf dem Objektiv) und hier:
    http://galerie.bos-fahrzeuge.info/details.php?image_id=8061 (Nikon D 50).


    Wenn ich jetzt also nur digital fotografiere, gehe ich mindestens so weit vom Fahrzeug weg, dass ich bei der Einstellung 40 das ganze Auto Format füllend im Bild habe. Besser ist es sogar, noch ein paar Schritte weiter zurück zu gehen und auf einen Wert knapp über 40 nachzuregulieren. (Beim Fotografieren von Drehleitern oder Gelenkmasten wird das manchmal schon problematisch.)


    Bei fahrenden Fahrzeugen gehe ich möglichst noch viel weiter zurück, stelle auf längste Brennweite (und natürlich kurze Belichtungszeit) und versuche das Fahrzeug beim “Mitziehen” und Auslösen in Bildmitte zu halten. Das staucht das Motiv zwar etwas, aber mit meiner Höchsteinstellung "55" entspricht das in etwa einer Brennweite von 80mm. Das ist noch erträglich. Hinterher am PC kann ich das Bild dann immer noch bearbeiten und überflüssiges “Fleisch” wegschneiden. Die Qualität des verbleibenden Bildes kann natürlich mit einer Standaufnahme nicht mithalten. Aber als Vorlage zum Modellbau oder zur Veröffentlichung in bos-fahrzeuge.info reicht es in der Regel immer noch. Beispiel mit Nikon D 50:
    http://galerie.bos-fahrzeuge.info/details.php?image_id=7240
    (Zitatende)


    Nochmal zur Erläuterung: Ich benutze eine digitale Spiegelreflexkamera des Typs "Nikon D50", das Objektiv ist mit 18-55 mm angegeben.


    Damit habe ich nun eine Serie von dem obigen Fahrzeug aufgenommen.


    Erstes Bild: Einstellung 55, Fahrzeug formatfüllend schräg von vorne:


    [Blockierte Grafik: http://img299.imageshack.us/img299/8889/einstellung55kfeg5.jpg]


    Das Bild ist leicht gestaucht, weil der Wert 55 wie gesagt etwa einem 80mmm- Analogobjektiv entspricht.


    Bild 2: Kameraobjektiv auf Wert 45 eingestellt, so lang auf das Fahrzeug zugehen, bis es wieder formatfüllend ist:


    [Blockierte Grafik: http://img111.imageshack.us/img111/9735/einstellung45kfdp6.jpg]


    Das könnte schon so bleiben, wirkt sehr realistisch, nur leichter (kaum merkbarer) Teleeffekt.


    Bild 3: Kameraobjektiv auf 35 eingestellt, wieder nach vorne gehen ...:


    [Blockierte Grafik: http://img111.imageshack.us/img111/5404/einstellung35kfvg6.jpg]


    Abgesehen von der deutlichen Überbelichtung an der Frontscheibe ist das Bild vom Winkel her auch ok. Kein Wunder, denn der eingestellte Wert entspricht ja der Brennweite des menschlichen Auges mit analogen 50 bis 55 mm.


    Bild 4: Same procedure as last picture! Einstellung 24 und weiter vorgehen:


    [Blockierte Grafik: http://img127.imageshack.us/img127/6269/einstellung24kfgw4.jpg]


    Jetzt ist schon ein deutlicher Weitwinkeleffekt zu sehen, das Fahrzeug wirkt verzerrt.


    Und zum schlechten Schluss die Extremeinstellung: Wert 18, weiter herangehen:


    [Blockierte Grafik: http://img111.imageshack.us/img111/7678/einstellung18kfyr7.jpg]


    Übelster Weitwinkeleffekt, absolut katastrophal in meinen Augen.



    Den schlimmsten Schock bekam ich aber, als ich die Kanera absetzte. Ich hatte bis jetzt nämlich nur durch den Sucher gesehen. Jetzt stand ich plötzlich nur noch 3 Meter vom Fahrzeug entfernt!


    K.

    (Die Signatur hat sich verlaufen.)

  • Super Arbeit, danke schön!


    Kleiner Tipp, in den Exif-Daten vieler Kameras stehen auch die Brennweiten sowohl auf den Sensor als auch auf Kleinbild bezogen. Mit ACDsee z.B. kann man sich das anzeigen lassen.

  • jau, interessanter Artikel
    der Weitwinkel Effekt war mir bisher nicht so ganz klar
    und ist mir beim betrachten der Bilder nie so richtig aufgefallen


    aber durch den Bildvergleich wird es doch sehr deutlich.

  • daß viele Fotokollegen die Verzerrung des Weitwinkeleffektes überhaupt noch nicht als Problem wahrnehmen. Dazu ist Klausmartins Bilderserie ein guter Beitrag.


    Ich besitze derzeit nur digitale Kompaktkameras, die jüngste mit 3,2 mp und dreifachen optischem Zoom. Hier kommt das nächste Problem: Die Kamera bietet nach Herausfahren des Objektives zunächst automatisch Weitwinkel an. Mann muß also zurückgehen und zurückzoomen. Man kann vergleichen, bis die Darstellung der menschlichen Sicht entspricht, d. h. keine überstarken Verjüngungen nach hinten und keine "bananenförmigen Ausbeulungen" in der Bildmitte zu sehen ist. Nach und nach wird sich Routine einstellen.


    Die Tatsache, daß eine digitale Kompaktkamera automatisch ihre starke Weitwinkeleinstellung als "normal" anbietet, hat offensichtlich dazu geführt, daß viele Fotografen die so erzeugten Bilder als "gut" und "normal" anzusehen.


    Bei BOS kommt hinzu, daß häufig die Fehler "Weitwinkel", "Gegenlicht", sehr steiler Aufnahmewinkel, fehlerhafte, meist zu dunkle Belichtung und Bildbearbeitungsmängel in Kombination auftreten und dann bei technisch hochinteressanten oder optisch attraktiven Fahrzeugen zu sehr schwachen Ergebnissen führen. Leider sind wirklich gute Bilder stark in der Minderheit, leider ist häufig bereits auf dem Foto zu sehen, daß es anders ging, insbesondere, was die Platzfrage bei der Weitwinkelproblematik angeht. Gegenlichtbilder in Weitwinkelverzerrung, bei denen auf der Lichtseite zu sehen ist, daß reichlich Platz ist um ein gut ausgeleuchtetes und verzerrungsfreies Bild zu schießen, stimmen mich schon nachdenklich ..


    als dritter entschiedener Weitwinkelkritiker grüßt


    Karl - Ludwig Ostermann

  • Willkommen im Club!


    Leider scheinen das aber wirklich nur wenige das Weitwinkel-Problem ernst zu nehmen, wenn ich mir die Reaktionen auf Klausmartin´s Ausführungen anschaue.


    Schade.

  • Olaf, ich glaube, du darfst die Zahl der Antworten nicht als Massstab nehmen. Ich persönlich finde die Ausführungen auch sehr Interessant und werde versuchen, das auch zu beherzigen.
    Ich denke, die meisten von uns sind hier auf ein Problem/Mangel aufmerksam geworden, den sie vorher nicht als solchen wahrgenommen haben, wie auch der Kollege mm_sls weiter oben schon schrieb.


    Im allgemeinen möchte ich mich an dieser Stelle bei euch beiden (Klausmartin & Olaf) dafür bedanken, dass ihr uns Foto-Laien immer wieder wertvolle Tipps gebt!

    • Offizieller Beitrag

    Und ich bin auch schon vor längerer Zeit durch die beiden darauf aufmerksam gemacht worden und versuche auch immer daran zu denken... :-))

    Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

  • Ich möchte diesen Artikel nochmal nach oben schieben. Bin gerade auf diesen Thread gestoßen, da ich nach einer einfachen und plausiblen Erklärung des Crop-Effektes gesucht habe. Und ich finde, dass auch der Rest, insbesondere Weitwinkel- und Zoomeffekt, echt super erklärt sind.


    Huuut ab!

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